Ein großes Thema für den neuen EU-Agrarkommissar Christophe Hansen wird der Erhalt des ländlichen Raumes als Lebens- und Wirtschaftsraum.

Volle Unterstützung für EU-Kommissar

Christophe Hansen hat die Anhörung des Landwirtschaftsausschusses des EU-Parlaments ­bestanden und die volle Unterstützung der Europäischen Volkspartei für seine Bestätigung als EU-Kommissar für ­Landwirtschaft erhalten. EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann erklärt, was man sich von ihm erwarten kann.

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Politik Wirtschaft

„Die EVP unterstützt Christophe Hansen in seiner Funktion nachdrücklich, da sie seine Kompetenz und Entschlossenheit anerkennt, Eigenschaften, die ich in den vergangenen Jahren als Kollege im Europäischen Parlament schätzen gelernt habe“, heißt es in einer Aussendung von Herbert Dorfmann, Koordinator der EVP-Fraktion im Landwirtschaftsausschuss. Der „Südtiroler Landwirt“ hat mit Dorfmann über Hansen gesprochen. Er ist überzeugt, dass der neue Kommissar wichtige Themen wie Bürokratieabbau, Wettbewerbsfähigkeit oder Generationenwechsel schnell in Angriff nehmen wird.

Südtiroler Landwirt: Herr Dorfmann, Sie kennen den neuen europäischen Agrarkommissar Christophe Hansen schon länger persönlich. Wie zufrieden sind Sie mit der Besetzung?
Herbert Dorfmann:
Ich kenne Christophe Hansen, seit ich im Europäischen Parlament bin. Anfangs war er Mitarbeiter einer Kollegin im Agrarausschuss, während er sich in den letzten Jahren als Abgeordneter um internationalen Handel und Umweltpolitik gekümmert hat. Ich glaube, er ist eine gute Besetzung: Er kommt aus einem bäuerlichen Umfeld, kennt die Landwirtschaft und hat lange an der Agrarpolitik gearbeitet. Dass er alle fachlichen Voraussetzungen hat, hat er auch in seiner Anhörung im Parlament bewiesen, die er mit Bravour bestanden hat.

Inwieweit arbeiten Kommissar und Landwirtschaftsausschuss, dessen EVP-Koordinator Sie ja sind, zusammen? Und welche Aufgabe haben Sie dabei?
Der Kommissar ist für den Agrarausschuss selbstverständlich ein wichtiger Ansprechpartner, er ist ja so etwas wie der Minister auf nationaler Ebene. Daher gibt es eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen dem Agrarausschuss, der Kommission und dem Kommissar. Ich habe die Ehre, die
Europäische Volkspartei (EVP) als Koordinator in Agrarfragen zu vertreten. Sie ist die größte Fraktion im Parlament und auch jene, aus der Christophe Hansen kommt. Ich stehe daher schon jetzt im ständigen Austausch mit ihm und werde dies natürlich auch in Zukunft tun.

Welche sind die großen Baustellen, um die sich der neue Agrarkommissar kümmern
will?

Christophe Hansen muss sich sofort an die Arbeit machen. In seinem Beauftragungsbrief der Kommissionspräsidentin ist festgelegt, dass er innerhalb der ersten hundert Tage seiner Amtszeit ein Papier über die Zukunft der Agrarpolitik in Europa vorlegen muss. Ich gehe davon aus, dass er dabei die Ergebnisse des strategischen Dialogs berücksichtigen muss und will, der in den letzten Monaten in Brüssel stattgefunden hat. Seit Monaten warten wir zudem auf einen Vorschlag der Kommission für eine Verordnung, die ein besseres Funktionieren der Wertschöpfung innerhalb der Lebensmittelketten zum Inhalt hat. Ich denke, Hansen wird diesen Vorschlag jetzt schnell vorlegen. Und dann wird natürlich die Debatte der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik beginnen, die ganz ohne Zweifel das größte Vorhaben im Bereich der Landwirtschaft in der laufenden Amtszeit sein wird.

Christophe Hansen will versuchen, den starken Druck, der auf den europäischen Landwirten lastet, zu dämpfen. Was darf man sich erwarten?
Der Abbau der Bürokratie ist ein transversales Anliegen über alle Bereiche der europäischen Politik hinweg. Das unterstreicht die Kommissionspräsidentin immer wieder und das sagt im Übrigen auch Mario Draghi in seinem Bericht über die Wettbewerbsfähigkeit der EU. Es muss also ein Anliegen im Zuge der Reform sein, die Gemeinsame Agrarpolitik so weit wie möglich zu entbürokratisieren. Dabei muss man sich allerdings bewusst sein, dass es um einen Bereich geht, in dem es fast zehn Millionen Beitragsempfänger mit vollkommen unterschiedlichen Voraussetzungen, Betriebsgrößen und landwirtschaftlichen Tätigkeiten gibt. Ein gewisses Maß an Komplexität – so ehrlich muss man sein – wird also nicht vermeidbar sein.

Der Generationenwechsel ist ein großes Thema in der europäischen Landwirtschaft, nur zehn Prozent der Landwirte sind jünger als 40 Jahre. Hansen sieht die Notwendigkeit, den Generationenwechsel anzugehen. Wie kann das Ihrer Meinung nach gelingen?
Der Generationswechsel ist schon heute ein Riesenproblem, immer weniger junge Menschen können überzeugt werden, in die Landwirtschaft einzusteigen. Wir sind in Südtirol noch recht gut aufgestellt, aber
schon im restlichen Italien ist die Situation zum Teil dramatisch. Deshalb sage ich seit langer Zeit, dass dies eine der Hauptaufgaben auch der Gemeinsamen Agrarpolitik sein muss. Wir müssen den Zugang zu Grund und Boden für junge Menschen verbessern, Investitionen in neue Ideen stärker unterstützen und insgesamt die Gemeinsame Agrarpolitik so ausrichten, dass sie jene belohnt, die mit innovativen Ideen und Unternehmergeist ihre Höfe bewirtschaften, und nicht jene, die einfach viel Grund und Boden haben. Schon allein wegen der Alterspyramide wird es in den nächsten Jahren einen Run auf junge Menschen geben, alle Sektoren suchen verzweifelt nach Jungen, die einsteigen wollen. Wenn die Landwirtschaft nicht attraktive Voraussetzungen bietet, werden sich junge Menschen anderswo umschauen.

Wenn es um Landwirtschaft und die bäuerlichen Familien geht, geht es immer auch um den ländlichen Raum im Allgemeinen. Welche Ziele wird Hansen in seiner Amtszeit diesbezüglich verfolgen?
Ich hoffe, dass Christophe Hansen von seiner Luxemburger Erfahrung zehrt. Schließlich ist Luxemburg ein Land, für das die ländliche Entwicklung im kleinen Teil, der landwirtschaftlich geprägt ist, sehr wichtig ist. Ich denke, dass ihm bewusst ist, wie viele Gebiete es in Europa gibt, in denen die ländliche Entwicklung ein zentrales Thema ist und in denen es nicht nur um die Produktion von Lebensmitteln und das wirtschaftliche Überleben der Betriebe geht, sondern auch darum, dass ländliche Gebiete wirtschaftlich erfolgreich sind.

Herbert Dorfmann (l.) mit dem neuen EU-Agrarkommissar Christophe Hansen (r.)

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