Mit ein paar Klicks: der Energiecheck
Um die Energiebilanz des Puntnoferhofs zu optimieren, haben Peter Zingerle und Magdalena Gasser die Beratung des Südtiroler Bauernbundes in Anspruch genommen. Das Online-Tool Energiecheck ist die Basis dafür, darauf aufbauend können die Stellschrauben ermittelt werden.
Recht schweißtreibend kann die Radtour von Bozen zum Puntnoferhof in Kardaun sein. Nicht etwa, weil es eine steile Anfahrt ist. Pascal Vullo tritt an einem milden Nachmittag Ende März kräftig in die Pedale, weil er dem Gegenwind trotzt. Der bläst hier oft vom Eisacktal herunter. Und dieser Wind ist – eigentlich – der Grund, weshalb der Energieberater des Südtiroler Bauernbundes überhaupt auf dem Weg zum Puntnoferhof ist: Peter Zingerle und seine Frau Magdalena Gasser haben ihn nämlich für ein Beratungsgespräch gebucht und deshalb einen Termin mit ihm vereinbart. Aus Windkraft Energie für ihren Hof zu erzeugen, ist eine Idee, die die beiden umtreibt. Nun möchten sie mehr darüber erfahren. Und auch darüber, wie sie sonst noch Energie einsparen können, vor allem Heizenergie.
Den Hof neu beleben
Aber von vorne: Der Puntnoferhof ist der Heimathof von Magdalenas Mutter, zunächst sind auch Magdalena und ihre drei Geschwister hier aufgewachsen, bevor die Familie auf den Hof des Vaters in St. Georgen/Bozen umgezogen ist. Den hat inzwischen ihr Bruder übernommen. Magdalena ist Jahrgang 1983 und hat in Wien Lehramt studiert, ihr Mann Peter (Jahrgang 1992) Physiotherapie. Nach ihrer Rückkehr aus Wien wohnten sie zunächst in Bruneck, schließlich aber sind sie gemeinsam auf den Hof in Kardaun gezogen, der damals leer stand. Ein Hausmeister schaute nach dem Rechten, die 2,3 Hektar Weinbau – alles Chardonnay – bewirtschafteten Vater und Bruder. Auch etwas Wald gehört zum Puntnoferhof. Die jungen Leute wollten den Hof neu beleben. Also sollten sie ihn auch übernehmen, war die Idee der Eltern. Und so wurde Magdalena Eigentümerin des Puntnoferhofes. Allerdings nicht ohne vorher den Junglandwirtekurs absolviert zu haben. Inzwischen ist Familie Zingerle zu fünft: Die Kinder sind acht, elf und dreizehn Jahre jung. Peter geht auswärts arbeiten, Magdalena hat die Flächen zurzeit verpachtet. Auch zwei Mietwohnungen gibt es am Hof, der von der jungen Familie so gut wie möglich saniert worden ist: Die Decke wurde zum Dachboden hin gedämmt, im Keller ein Teil ebenfalls, statt mit Erdöl wird nun mit Hackschnitzeln geheizt. Die Bäder wurden neu gemacht, die Raumeinteilung wurde teilweise angepasst. Die Fenster waren schon früher ausgetauscht worden. Von einer Ummantelung des Hofes mit Außendämmung hatte der Architekt abgeraten. Die Gefahr von Wärmebrücken sei in diesem Fall zu hoch, Schimmel wäre die Folge.
Alternative Energiegewinnung
Trotzdem, ganz zufrieden sind Peter und Magdalena nicht: Die Heizkosten sind hoch, die Wohnung ist schwer warm zu kriegen. „Die Hackschnitzelheizung ist unser größter Kostenpunkt“, erklärt Magdalena, zwischen Brennstoff und Wartung komme da einiges zusammen übers Jahr. Auch das Thema Nachhaltigkeit ist den beiden wichtig. Deshalb haben sie sich Gedanken über alternative Energiegewinnung gemacht, Pascal Vullo soll ihnen dabei helfen, die richtige Entscheidung zu treffen. „Zwischen Ende Oktober und Ende Februar haben wir hier keine Sonne“, erzählt Magdalena Gasser, deshalb scheint ihr Photovoltaik keine Option zu sein. Dagegen könnte man den Wind gut nutzen, der hier verlässlich bläst, meinen sie: sowohl als Fallwind vom Berg herunter als auch die Strömung vom Eisacktal her. Nun kommt Pascal Vullo zum Einsatz: Er erklärt, welche Aufgaben die Abteilung Innovation & Energie im Südtiroler Bauernbund hat, und geht dann spezifisch auf die Themen Energiecheck und Energiefachberatung ein: Seine Aufgabe sei es, den Kundinnen und Kunden zunächst dabei zu helfen, ihren Energieverbrauch zu eruieren, Einsparpotenziale ausfindig zu machen, Möglichkeiten der Energieproduktion durchzuchecken, sie optimal auf die individuellen Bedürfnisse abzustimmen und gegebenenfalls über Energiegemeinschaften mit anderen Nutzern zu teilen.
Verbrauch und Energiesparmaßnahmen
Um zunächst einen Überblick über den Bedarf zu bekommen, hat der Südtiroler Bauernbund, gemeinsam mit den Projektpartner des Projekts INNOEnergie das Online-Tool Energiecheck ausgearbeitet: Anhand weniger Daten aus den Energierechnungen und Schätzwerten kann damit jeder den eigenen Verbrauch, die entsprechenden Kosten und die CO2-Emissionen in den Bereichen Strom, Wärme und Fahrzeuge ermitteln. Das Tool kann aber noch mehr, denn mit wenigen weiteren Klicks kann man zudem abschätzen, was verschiedene Maßnahmen an Einsparungspotenzial haben. Diesen Energiecheck führt Pascal gemeinsam mit Peter und Magdalena für ihren Puntnoferhof durch: Weil der landwirtschaftliche Betrieb derzeit verpachtet ist, beschränkt man sich dabei auf das Wohnhaus. Zunächst geht es um die Hackschnitzelheizung, dann um die kleine Solarthermie-Anlage am Süddach, die vor allem im Sommer für warmes Wasser sorgt. Unterstützt von der Hackschnitzelheizung, denn bei fünf Personen in einem Haushalt und drei weiteren in den zwei Mietwohnungen ist der Warmwasserbedarf manchmal recht hoch. Mit den Daten „gefüttert“, spuckt das Energiecheck-Tool schließlich die Energiebilanz für den Hof aus: Demnach liegt der Verbrauch derzeit bei 99.052 kWh insgesamt, davon geht das meiste auf das Konto der Heizung, ein wesentlich geringerer Teil auf jenes der Fahrzeuge und des Stroms. Für Peter und Magdalena noch keine wirklich neue Erkenntnis, allerdings erstmals klar ersichtlich. Nun geht man gemeinsam daran, Strategien zu entwickeln, wie man wirtschaftlich sinnvoll investieren könnte, um die Heizung zu unterstützen und auch beim Strom einzusparen bzw. selbst Strom zu erzeugen. Dabei geht es sowohl um die Frage der Dämmung, der Fenster, um die Dimensionierung der Solarthermie-Anlage und nicht zuletzt um Photovoltaik. Denn Pascal Vullo sieht diese Art der Stromerzeugung trotz der langen sonnenlosen Monate als sinnvoll an, vor allem wegen der derzeit günstigen Preise für die Anlagen. Und nicht zuletzt kommt auch die Windkraft wieder ins Spiel: Sie besetzt zwar eine kleine Nische und ist auch von den Genehmigungen her knifflig, aber die wichtigsten Informationen dazu gibt der Energieberater dem jungen Paar doch. Auch schriftliches Material hat er dabei, so können sich die beiden weiter in das Thema einlesen.
Das Resümee
Schließlich steckt Vullo die wichtigsten Eckpunkte ab: Zunächst sollte im Gespräch mit einem Installateur abgeklärt werden, ob die Solarthermie-Anlage noch in Schuss ist. Falls nicht, sollte sie erneuert und gegebenenfalls erweitert werden. Falls sie gut funktioniere, könnte man trotzdem an eine Potenzierung denken. Das Ziel sollte auf jeden Fall sein, im Sommer so viel Warmwasser damit zu erzeugen, dass es keine Unterstützung durch den Heizkessel mehr braucht. So könnte dieser für etwa zwei Monate ganz abgestellt werden, was sich positiv auf den Hackschnitzelverbrauch und auf die Langlebigkeit des Brenners auswirken würde. Dann sollten weitere Dämmpotenziale genutzt werden, vor allem im Keller gebe es noch Räume, deren Deckendämmung sinnvoll wäre. Auch die Fenster sind in die Jahre gekommen, zwar in gutem Zustand, aber da stecke eventuell noch Potenzial drin. „Fenster kosten“, meint Vullo, trotzdem könne man überlegen, sie wärmetechnisch zu optimieren. Und wie schaut es mit einer Wärmepumpe aus? „Bei einem Altbau mit Heizkörpern und Hackschnitzelheizung scheint mir das wenig sinnvoll“, überlegt der Berater. „Die Hackschnitzel sind in eurem Fall eigentlich ideal.“ Besser noch, wenn das eigene Holz dazu verwendet werden könnte, anstatt es zuzukaufen. „Auch eine Photovoltaik-Anlage auf dem Süddach könnte sinnvoll sein“, meint Vullo. Das löse zwar das Wärmeproblem nicht, könne aber den eigenen Strombedarf decken. Vor allem dann sei eine PV-Anlage auch wirtschaftlich sinnvoll. Für private Stromverbraucher können die Kosten zudem von der Einkommensteuer abschrieben werden. Peter und Magdalena hören konzentriert zu. Gemeinsam versucht man, die wichtigsten Punkte abzustecken, sinnvolle Lösungen zu finden. Schließlich entscheidet man sich für einen Rundgang, damit sich der Berater ein umfassendes Bild machen kann: Wo eventuell noch Dämmung angebracht werden kann, wo eine PV-Anlage, und wo – gegebenenfalls – sogar ein kleines Windkraftwerk? Wer weiß …