Viel Neues rund um das Thema Urlaub auf dem Bauernhof gibt es bei der UaB-Tagung am 22. Oktober in der Messe Bozen.

Der Bauernhof bleibt zentral

Martin Lohmann ist Reisetrendforscher und aktiver Bauernhof-Urlaubsgast. Bei der diesjährigen Fachtagung für Urlaub auf dem Bauernhof am 22. Oktober ist er der Hauptreferent. Welche Urlaubstrends es derzeit gibt und was das für Bäuerinnen und Bauern bedeutet, erklärt er vorab im Interview.

 

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Ferienwohnungen sind nach wie vor sehr beliebt, erklärt der Reisetrendforscher Martin Lohmann. Den Komfort eines Frühstücks schätzen Gäste aber sehr. Vor allem aber sind der Bauernhof und eine funktionierende Landwirtschaft die großen Pluspunkte für Urlaub auf dem Bauernhof. Das Programm der Tagung ist hier einsehbar.

Südtiroler Landwirt: Herr Lohmann, welche Trends zeichnen sich für den Reisemarkt der Zukunft ab?
Martin Lohmann:
Grundsätzlich gibt es eine stabile Urlaubsreisenachfrage, auch noch in absehbarer Zukunft. Gäbe es die nicht, könnte man die schönste Wohnung haben, es käme kaum jemand. Dynamik ergibt sich durch den demografischen Wandel, durch Differenzierung in der Urlaubsgestaltung, steigende Ausgabebereitschaft, Digitalisierung oder die Anforderungen zur Nachhaltigkeit. Der Trend bei den Urlaubszielen läuft eher weg vom Berg. Trotzdem haben sich Urlaub in Südtirol und Urlaub auf dem Bauernhof prima entwickelt. Das ist nicht selbstverständlich. Viele Deutsche interessieren sich für UaB. Die Konkurrenz ist aber groß und die Reisenden sind sehr flexibel. Neue Gäste kommen nicht „von selbst“. Um die Sicherung der Nachfrage für den Bauernhoftourismus in Südtirol muss man sich deswegen gezielt kümmern.

Was sollten Südtirols UaB-Betreiber ihren Gästen der Zukunft also bieten?
Die Trends sind nicht neu. Es geht also mehr um die Weiterentwicklung des UaB, nicht um eine völlige Neuausrichtung. Es ist auch nicht so, dass man die Trends „befolgen“ müsse. Bäuerinnen und Bauern können und müssen ihre eigene Perspektive einbringen. Eine realistische Auslegung der Kapazitäten ist wichtig. Ein Nachfragewachstum ist nicht zu erwarten, ein Überangebot kann wirtschaftliche Probleme bringen. Man sollte auch nur so viel anbieten, dass man bei der Arbeit für die Gäste nicht in Stress gerät. Das Urlaubsangebot soll hohe Qualität für eine klare Zielgruppe bieten. Dann sind auch höhere Preise möglich. Für die Gäste soll sich ein tolles Destinationserlebnis mit entsprechenden Effekten, sprich Erholung, ergeben.

Liegen Ferienwohnungen noch im Trend oder wünscht sich der Gast von morgen eine Rundumbetreuung?
Ferienwohnungen sind sehr beliebt, das wird auch nicht weniger. Reisende nehmen sie gerne, weil sie da schön für sich sind, insofern ist eine Rundumbetreuung nicht nötig. Die Gäste freuen sich, wenn man ihnen das Urlaubsleben erleichtert: Produkte vom Bauernhof und Dienstleistungen (z. B. Frühstück) dienen dazu, sind aber gleichzeitig Botschafter des bäuerlichen Lebens und ein willkommener Anlass, um mit dem Gast in Kontakt zu treten. Kulinarik ist ein wichtiger Bestandteil des Urlaubserlebens.

Welche Herausforderungen kommen auf unsere UaB-Betreiberinnen und -Betreiber zu? Betreffen sie eher die Hardware (also die Ausstattung) oder doch mehr die Software (also das Dienstleistungsangebot am Hof)?
Natürlich braucht man zunächst eine ansprechende Ausstattung, sie muss aber nicht im Luxussegment liegen. Die Dienstleistung kommt dazu und macht das Angebot für den Gast rund. Außerdem braucht Bauernhof-­Urlaub eine intakte Landwirtschaft: Naturnähe wird von allen Gästen geschätzt. Es ist wichtig, eine Position zu finden, die zu einem selbst und zum Hof passt und für die Gäste stimmig ist. Sie ist u. a. abhängig von der Lage, von den Räumen und vom landwirtschaftlichen Schwerpunkt. Alle Reisenden möchten sich willkommen fühlen. In den Brennpunkten des Tourismus bröckelt angesichts der Menschenmassen die Akzeptanz für den Tourismus. Da kann UaB eine Gegenwelt bieten. Gastfreundschaft ist das Zauberwort. Dabei müssen die Gäste weder in die Familie aufgenommen noch rund um die Uhr betreut werden, wollen sie auch nicht. Es kommt mehr auf die Qualität des Kontaktes an.

Bleibt der Bauernhof das Kernstück oder interessiert sich der Gast von morgen nicht mehr für die Arbeit der Bäuerinnen und Bauern?
Für UaB ist der Bauernhof das Alleinstellungsmerkmal, Ferienwohnungen oder Zimmer bekomme ich auch woanders. Allerdings sind die Gäste flexibel. Und sie können sich auch vorstellen, andere Unterkünfte in anderen Gegenden zu nutzen. Urlaub auf dem Bauernhof findet nicht nur auf dem Hof statt, sondern auch in der Region. Gastgeber können eine wichtige Rolle spielen, um solche Erlebnisse auf dem Hof und in der Region zu ermöglichen. Persönliche Kommunikation mit Anregungen hilft den Gästen oft „auf die Sprünge“. Persönliche Kommunikation hat im Zeitalter von Informationsüberlastung, Fake News und künstlicher Intelligenz einen hohen (Erholungs-)Wert. Mit ihren digitalen Geräten können die Gäste alleine umgehen.

Wie wichtig ist die Kontaktpflege mit den Gästen vor ihrer An- und nach ihrer Abreise? Welche Rolle spielen dabei Soziale Medien?
Die Kontaktpflege vor und nach dem Aufenthalt ist wichtig, aber auch kein Hexenwerk. Welche Kanäle man dafür nutzt, E-Mail oder WhatsApp oder Instagram usw., hängt von den Gästen ab. Wir sollten mit denen dort reden, wo sie sowieso kommunizieren, ihnen aber auch nicht zu nahe rücken.

Martin Lohmann: „Das Urlaubsangebot soll hohe Qualität für eine klare Zielgruppe bieten.“

Renate Anna Rubner

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