Daniel Gasser: „Diese Wahl hat einen ganz besonderen Stellenwert, nicht zuletzt wegen des Gemeindeentwicklungsprogramms.“

Zuversichtlich und optimistisch bleiben!

Ganz im Zeichen Michael Gaismairs und des Gedenkens an 500 Jahre Bauernkriege in Tirol stand die heutige (Samstag) Landesversammlung des Südtiroler Bauernbundes. Dabei wurden auch zwei ehemalige Funktionäre geehrt, die Bergbauernpreise und der Viktoria-Steinkeller-Stiftungspreis verliehen.

Lesedauer: 8

500 Jahre sind vergangen, seit Michael Gaismair an der Spitze des Bauernkrieges in Tirol stand. Anlässlich dieses Jubiläums wurde auf der Landesversammlung des Südtiroler Bauernbundes eine multimediale Zeitreise unternommen: mit Filmausschnitten, einem Schauspieler auf der Bühne und einem Erzähler. Was kann man noch heute aus seinem Erbe lernen? Auf diese Fragen ging Bauernbund-Landesobmann Daniel Gasser auf der 78. Landesversammlung ein. „Gaismair und seine Unterstützer kämpften für mehr Gerechtigkeit, mehr Mitbestimmung und mehr Gemeinnutz. Letztlich ist Gaismair zwar gescheitert – wohl auch, weil die Zeit noch nicht reif für seine Ideen war – sein Vermächtnis wirkt aber bis heute nach und hat in Teilen nichts von seiner Aktualität und Bedeutung verloren“ erklärte Gasser.

Gemeinderatswahlen zur Mitbestimmung nutzen
Die Chance zur Mitbestimmung gibt es bei den Gemeinderatswahlen am 4. Mai: „Diese Wahl hat einen ganz besonderen Stellenwert, nicht zuletzt wegen des Gemeindeentwicklungsprogramms.“ Lebensmittel zu produzieren und von der eigenen Arbeit leben zu können, das hätten schon Michael Gaismair und seine Mitstreiter gefordert, meinte Daniel Gasser. „Leider können viele bäuerliche Familien von der landwirtschaftlichen Produktion alleine nicht mehr leben”, bedauerte der Landesobmann. Dabei bräuchte es nicht viel für einen fairen Preis für ihre hochwertigen Produkte: Verhandlungen auf Augenhöhe, der Griff der Konsumentinnen und Konsumenten zu heimischen Produkten, Ausschreibungen für die Gemeinschaftsverpflegung, die lokale Produkte vorschreiben, klare Herkunftskennzeichnungen in der Gastronomie sowie mehr Zusammenarbeit. „Es geht uns nicht nur um die Wertschöpfung, sondern auch um Wertschätzung”, unterstrich Gasser. Denn die Leistungen der bäuerlichen Familien seien nicht selbstverständlich: „Es ist aber unsere Aufgabe, den Menschen noch mehr als bisher zu vermitteln, welche großartige Leistungen wir Bäuerinnen und Bauern erbringen, mit welchen Mühen wir hochwertige Lebensmittel produzieren und die Landschaft erhalten.“
Auch um Zuversicht warb der Landesobmann: „Ich bin überzeugt, dass die Landwirtschaft hier und anderswo eine gute Zukunft hat. Unsere große Aufgabe wird sein, auf immer weniger landwirtschaftlicher Nutzfläche genügend Lebensmittel für immer mehr Menschen zu produzieren. Da sind wir gefordert“, meinte er. Mit Wissen, innovativer Technik, einem breiten Netzwerk und den Vermarktungsstrukturen sei das zu meistern, „schließlich lieben wir unseren Beruf!“
Bei der anschließenden Podiumsdiskussion unterstrich der Historiker und Buchautor Ralf Höller die Faszination, die der Bauernführer Michael Gaismair heute noch ausübt. Für Glaubwürdigkeit durch klare Bekenntnisse sprach sich Landesrat Luis Walcher aus: „Es braucht heute gleich wie damals Leute mit Ecken und Kanten, die Entscheidungen treffen, um die Zukunft mit Weitblick und Hausverstand mitzugestalten.“ Allianzen schmieden die Bäuerinnen, untereinander und über die Landwirtschaft hinaus. Dabei liege es an ihnen, Heimat zu schaffen, meinte Landesbäuerin Antonia Egger: „Nicht nur in der Familie, sondern auch für Leute, die nicht bäuerlich sind.“

Zwei Ehrungen für langjährige Funktionäre
Georg Mayr, der ehemalige Landesobmann des Südtiroler Bauernbundes, wurde bei der Landesversammlung die Ehrenmitgliedschaft des Südtiroler Bauernbundes verliehen. Mayr war zunächst im Orts-, dann im Bezirksbauernrat Bozen tätig, später wurde er Bezirksobmann und zwischen 1996 und 2009 schließlich Landesobmann des Südtiroler Bauernbundes. Mit wieviel Engagement er sich seit jeher für den Bauernstand eingesetzt hat und es bis heute tut, beweist er durch viele weitere eherenamtliche Aufgaben, die er über die Jahre und die letzten fast fünf Jahrzehnte übernommen hat: So ist er heute noch Obmann des Vereins Freiwillige Arbeitseinsätze (VFA) und der Nahversorgungsgenossenschaft NaveS, saß in verschiedenen Aufsichtsräten, einige Jahre in der Gemeinde Bozen  von Bozen und war lange Zeit auch Präsident der Höfekommission. Seit heute (22. Februar) ist er Ehrenmitglied des Südtiroler Bauernbundes. Das Ehrenzeichen in Gold erhielt Bernhard Burger. Er war zunächst Ortsobmann des Südtiroler Bauernbundes in Burgstall und dann Bezirksobmann des Burggrafenamtes. 15 Jahre hatte er dieses Amt inne, 13 davon war er auch Landesobmann-Stellvertreter.
Wie immer bei der Landesversammlung des Südtiroler Bauernbundes wurde drei Familien der Bergbauernpreis verliehen, der von den Südtiroler Raiffeisenkassen gestiftet wurde. Er ging in diesem Jahr an Martin und Waltraud Grassl mit ihren Kindern Hannes, Jennifer, Valentin und Emilie vom Wiedlerhof in St. Leonhard/Passeier, an Roland und Martina Oberlechner mit ihren Kindern Sarah, Hannes und Tobias vom Hof Hofgartner in Mühlwald und an Thomas und Christa Seehauser mit ihren Kindern Mirjam, Frieda, Luisa und Dominik, Bruder Hannes, Schwester Rosmarie und Altbäuerin Erika vom Hof Schwitzer in Freienfeld/Flans. Mehr dazu hier. Die Filme zu den Bergbauernpreisträgern 2025 werden am 8. März um 20.20 Uhr auf RAI Südtirol ausgestraht.

Steinkeller-Stiftungspreis geht nach Jenesien
Der Steinkeller-Stiftungspreis ging an die Familie Lun. Der Duregghof in Afing/Jenesien ist der letzte seiner Art in Jenesien: Das Wohnhaus des historischen Paarhofes ist mit Lärchenschindeln eingedeckt, das Wirtschaftsgebäude hat ein Strohdach, das von Paul Lun jedes Jahr mit dem Stroh einer eigens dafür angebauten alten Roggensorte eingedeckt wird. Er und seine Frau Christa leben hier seit 2006 gemeinsam mit ihren drei Kindern, nachdem sie den Hof wieder zusammengeführt und in fünf Jahren Arbeit von Grund auf saniert haben. Mit viel Feingefühl, Sinn für Ästhetik, Fachkenntnis und Liebe zum Detail. Deshalb wurde ihnen bei der Landesversammlung des Südtiroler Bauernbundes der Dr.-Viktoria-Steinkeller-Stiftungspreis verliehen. Stiftungspräsident Siegfried Brugger überreichte den Preis mit den Worten: „Die Erhaltung der bäuerlichen Baukultur ist unser großes Anliegen. Christa und Paul Lun haben mit dem Duregghof und seiner mustergültigen Sanierung einem Denkmal neues Leben eingehaucht.“

Grußworte der Ehrengäste
Landeshauptmann Arno Kompatscher unterstrich in seinen Grußworten die große Bedeutung der Landwirtschaft für Südtirol und sicherte die Unterstützung der Landesregierung für die erschwerten Bedingungen der Bäuerinnen und Bauern zu. Er lobte die erfolgreiche Interessensvertretung des Südtiroler Bauernbundes: „Es möge uns gelingen, die Interessen der Bauern im Land zu verstehen und zu diskutieren, damit sie auf einen breiten Konsens stoßen können.“ Der EU-Abgeordnete Herbert Dorfmann sprach von der herausfordernden Situation weltweit, die auch auf die europäische Landschaftspolitik Einfluss hat. „Ich erlebe aber auch, dass es gerade jetzt eine neue Haltung in Brüssel gegenüber der Landwirtschaft gibt. Die Versorgungssicherheit wird heute nicht mehr als Selbstverständlichkeit angesehen, es ist jetzt mehr Wertschätzung für die Landwirtschaft spürbar.“ Vom guten Netzwerk in Rom sprach Senator Meinrad Durnwalder. Der Landwirtschaftsminister habe beim letzten Treffen großes Interesse an Südtirol gezeigt und Respekt dafür bekundet. Auch beim Wolf sei man an einem guten Punkt. Der Landeshauptmann-Stellvertreter von Tirol, Josef Geisler, sprach nochmal das Thema Michael Gaismair an. Der Bauernbund dies- und jenseits des Brenners habe bewiesen, dass man als Interessensvertretung erfolgreich sein und gut netzwerken könne. Über die Botschaften der Landesversammlung gelte es nachzudenken, meinte der Generalsekretär des bayerischen Bauernverbandes, Carl von Butler, vor allem in der politischen Arbeit. Damit rief er zur Teilnahme auf, die Gemeinderatswahl sei eine gute Gelegenheit, mitzureden und mitzuentscheiden.