Lichtblicke geben neue Motivation
Mit neuer Zuversicht kann Südtirols Berglandwirtschaft in die Zukunft blicken. Bei der Vollversammlung des Sennereiverbandes gab es erfreuliche Zahlen und gute Nachrichten zum Thema Tierwohl.
Bei seiner Vollversammlung hat der Sennereiverband Südtirol ein extrem schwieriges Jahr für die Milchwirtschaft abgeschlossen, dabei aber auch positive Entwicklungen aufgezeigt. Der Obmann des Sennereiverbandes, Georg Egger, brachte es auf den Punkt: „Mit sehr viel Einsatz, Verhandlungsgeschick und einer konstant hohen Qualität ihrer Produkte ist es den Milchhöfen 2022 gelungen, die Wertschöpfung für die Bauern weiter zu steigern und so einen Teil der gestiegenen Kosten an den Handel weiterzugeben.“ Es habe lange gedauert, bis der Handel eingelenkt habe, doch schließlich sei „die Verfügbarkeit der Produkte wichtiger gewesen als der niedrige Preis“.
Egger erinnerte daran, dass auch die Milchwirtschaft 2022 unter der von der Explosion der Energie- und Rohstoffpreise befeuerten Kostensteigerung zu leiden gehabt hatte. „Unsere Bauern sind von dieser gleich dreifach betroffen: im privaten Bereich, bei der Führung ihres Betriebs und als Mitglieder und damit Miteigentümer der Milchhöfe“, erklärte der Verbandsobmann. Deshalb sei klar, dass die gestiegene Kostenbelastung nicht zur Gänze habe abgefedert werden können. Trotzdem unterstrich Egger, dass die Milchwirtschaft alles unternommen habe, um einen Teil der Steigerungen weitergeben zu können. „Es ist dem Einsatz der Milchhöfe zu verdanken, dass dies auch gelungen ist“, freute sich Egger. Weitere Maßnahmen, die den Bergbauern eine neue Perspektive gegeben hätten, seien die Milchkuhprämie des Landes und das zusätzliche Budget zur Bewerbung der Heumilch gewesen – für beide bedankte sich Egger im Namen der Milchwirtschaft.
Plus bei Umsatz und Auszahlungspreis
In diesem Zusammenhang verwies Annemarie Kaser, die Direktorin des Sennereiverbandes, auf den erheblich gestiegenen Umsatz der Südtiroler Milchhöfe. Dieser betrug im vergangenen Jahr 610,25 Millionen Euro und lag damit um 17,8 Prozent höher als noch im Krisenjahr 2021. „Der gesteigerte Umsatz zeigt allerdings nur eine Seite der Medaille, die enorm gestiegenen Kosten sind die andere“, erklärte Kaser. „Und diese wirken sich natürlich auf das aus, was unterm Strich übrigbleibt.“ Eine erfreuliche Folge des gesteigerten Umsatzes ist ein im Vergleich zum Vorjahr gestiegener durchschnittlicher Auszahlungspreis von 58,15 Cent pro Kilogramm Rohmilch. Dabei gab es für gentechnikfreie Qualitätsmilch im Schnitt 56,47 Cent, für Heumilch 60,05 Cent, für Bio-Heumilch 76,33 Cent und für Ziegenmilch 62,37 Cent pro Kilogramm. 2021 hatte der durchschnittliche Auszahlungspreis noch bei 50,17 Cent gelegen.
Das Thema Milchpreis hatte im vergangenen Jahr für einigen Unmut gesorgt, weil aus dem Ausland Meldungen von enormen Steigerungen beim Versandmilchpreis bekannt wurden. „Auf lange Sicht hat sich die Tatsache, dass unsere Milchhöfe die angelieferte Milch zum überwiegenden Teil veredeln, auch diesmal wieder bewährt: Unser Preis ist nach wie vor recht stabil, während die Tendenz in anderen europäischen Ländern schon wieder nach unten zeigt“, berichtete Kaser. Obmann Egger wies auch auf die gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Bedeutung der Milchhöfe hin. So finden in den zehn Betriebsstätten 1111 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Arbeit und Auskommen. Hier mache sich ein anderer Trend immer stärker bemerkbar, nämlich der Fachkräftemangel.
Weniger Betriebe, weniger Milch
Bei der Vollversammlung wies Annemarie Kaser nicht nur auf den leicht gestiegenen Auszahlungspreis hin, sondern zudem auf eine um fast fünf Prozent gesunkene Anlieferungsmenge, die sich 2022 auf etwas mehr als 385 Millionen Kilogramm Kuhmilch belief. „Der Rückgang hat zum einen damit zu tun, dass die Zahl der Milchbetriebe in Südtirol auch 2022 weiter abgenommen hat, und zwar um 160 auf insgesamt 4040“, erklärte Kaser. Damit hält ein langjähriger Trend weiter an. Neben dem Rückgang der Zahl der Lieferanten hat die geringere Milchmenge allerdings auch natürliche Gründe. So verwies Kaser etwa auf Hitze und Trockenheit, die dafür gesorgt hätten, dass weniger Futter verfügbar gewesen sei. „Ein Ausgleich des Mangels durch den Zukauf von Futter kam für die meisten Produzenten wegen der hohen Preise nicht in Frage“, erklärte die Verbandsdirektorin.
Die Kostenexplosion ist zudem ein Grund dafür, dass das Auskommen aus dem Milchverkauf für die allermeisten Produzenten nicht mehr reiche, um einen Milchbetrieb kostendeckend zu führen. „Unsere Bergbauern sind daneben auf die Beiträge angewiesen, die sie für ihre gesellschaftlichen Leistungen bekommen“, betonte Kaser. Die Kleinstrukturiertheit sorge darüber hinaus dafür, dass die Mehrzahl der milchliefernden Höfe im Nebenerwerb bewirtschaftet würden. „Immer mehr Bäuerinnen und Bauern machen sich natürlich die Rechnung: Wenn sie mit dem Einkommen aus der Milch und jenem aus dem Nebenerwerb nicht mehr über die Runden kommen, ist die Gefahr groß, dass sie ganz aussteigen und sich eine andere Arbeit suchen“, ergänzte Obmann Egger. Gerade für Nebenerwerbsbauern erweisen sich auch stetig steigende Auflagen als immer größere Last. „Nicht nur die öffentliche Hand, sondern auch die Ketten des Lebensmitteleinzelhandels stellen immer höhere Ansprüche, die weit über die Produktqualität hinausgehen und zudem nicht immer zu hundert Prozent honoriert werden“, erklärt Obmann Egger. Dazu kommt, dass sich die immer weiter reichenden Auflagen in einem enorm gestiegenen bürokratischen Aufwand niederschlagen. „Die Bürokratie ist in unserem Sektor immens“, betonte Egger, „dabei sind Bauern nicht am Schreibtisch, sondern auf den Wiesen und im Stall zuhause“. Bei der Vollversammlung des Sennereiverbandes forderte dessen Obmann deshalb, die Bauern bürokratisch zu entlasten und so dafür zu sorgen, dass der Fokus auf dem Kerngeschäft – der Produktion von Milch also – liegen könne.
Gute Nachricht zur Eintragung in „ClassyFarm“
In diesem Zusammenhang hatte der Direktor des Landestierärztlichen Dienstes, Paolo Zambotto, bei der Versammlung eine sehr erfreuliche Nachricht für Südtirols Bergbauern zu verkünden. „Nach langen Verhandlungen und Gesprächen ist es gelungen, dass alle viehhaltenden Betriebe in Südtirol automatisch in das für das neue Tierwohl-Register grundlegende ,ClassyFarm‘-Portal eingetragen werden, ohne dass die mühsame Registrierung eines jeden einzelnen Betriebs notwendig ist. Im Laufe der kommenden Wochen sollte diese Eintragung erfolgen“, berichtete Zambotto. Bekanntlich hatte die Eintragung in das „ClassyFarm“-Portal in den vergangenen Wochen für viel Verwirrung und Unmut gesorgt (der „Südtiroler Landwirt“ hat mehrfach darüber berichtet).
Den ganzen Bericht finden Sie ab Freitag in der Ausgabe 9 des „Südtiroler Landwirt“ vom 12. Mai ab Seite 12, online auf „meinSBB“ oder in der „Südtiroler Landwirt“-App.