Den Bauernhof für Gäste erlebbar machen
Urlaub auf dem Bauernhof hat nach wie vor Potential. Aber es ist kein Selbstläufer, wurde bei der 24. Fachtagung angemahnt. Es braucht echte Gastfreundschaft, ein stimmiges Gesamtkonzept und Zusatzangebote wie ein Frühstück mit hofeigenen Produkten.
Mit einem Rucksack voll praktischer Tipps für den eigenen Urlaub-auf-dem-Bauernhof-Betrieb und für sich selbst gingen die Besucherinnen und Besucher der 24. Fachtagung für Urlaub auf dem Bauernhof im Kongresszentrum der Messe Bozen heim. Auch ein paar Hausaufgaben gab ihnen Hans J. Kienzl, Leiter der Abteilung Marketing im Südtiroler Bauernbund, mit auf den Weg: So mahnte er an, dass einige Betriebe im Höfeverwaltungsprogramm noch Daten einzupflegen hätten: die Freimeldungen, die Preise für die nächste Saison und vor allem die Bilder ihrer Wohnungen bzw. Zimmer. „Wenn aussagekräftige Bilder fehlen, ist das ein Wettbewerbsnachteil, denn Bilder zählen mehr als 1000 Worte“, erklärte Kienzl. Zudem müsse dem potentiellen Gast klar kommuniziert werden, ob eine Wohnung zu einem bestimmten Zeitpunkt verfügbar sei oder nicht und was das entsprechende Urlaubsangebot kostet. Kienzl lobte die anwesenden Bäuerinnen und Bauern aber auch: Inzwischen bieten 46 Prozent aller Betriebe Frühstück an, Tendenz weiter steigend. Auch eine Produktecke oder einen Hofladen gebe es inzwischen auf vielen UaB-Betrieben.
Kienzl erklärte den Bäuerinnen und Bauern, dass die neue „Roter Hahn“-Webseite zwar eine Schwergeburt war, nun aber ein echtes Highlight sei. „Von Juli bis September konnten wir täglich rund 6900 Besucher auf der Webseite registrieren“, sagte er zufrieden. Erfreulich sei auch die Entwicklung beim Gästeverwaltungsprogramm und beim Channel-Manager, die von den UaB-Betreibern gut genutzt werden. Anerkennung und Lob kamen von Daniel Gasser, Landesobmann des Südtiroler Bauernbundes: „Urlaub auf dem Bauernhof bereichert das Tourismusangebot in Südtirol“, unterstrich er. Und man könne unumwunden sagen, dass Südtirol im weltweiten Vergleich im Spitzenfeld mitmische. „Zudem erfahren die Gäste am Hof die Landwirtschaft. Deshalb muss die landwirtschaftliche Produktion im Zentrum des Urlaubsangebots am Hof bleiben“, forderte er.
Landesrat Luis Walcher ging auf das Thema Overtourism ein: „Eigentlich ist unser Problem der ,Überverkehr‘“, meinte er und ergänzte: „Urlaub auf dem Bauernhof bringt Touristen ins Land, die länger bleiben, Natur und Landschaft schätzen und gerne wandern, radeln und sich draußen aufhalten.“ Die große Stärke von UaB sei der direkte Kontakt zum Gast, die Herzlichkeit der Bauersleute, die Blume oder die liebevolle Deko am rechten Ort und die Zeit, die den Urlaubsgästen gewidmet wird.
Urlauber von heute ist anspruchsvoll und flexibel
Über Reisetrends und was sie für Urlaub auf dem Bauernhof in Südtirol bedeuten, sprach Reisetrendforscher Martin Lohmann. Er stellte klar, dass der deutsche Gast Südtirol und den Bauernhofurlaub schätzt. Er sei aber auch flexibel und könne sich gleichwohl einen All-inclusive-Urlaub auf den Seychellen oder einen Städtetrip nach Strassburg vorstellen. Also müsse man ein Angebot schaffen, das sich abhebt und den anspruchsvollen (und zahlungskräftigen) Gast anzieht: attraktive Wohnungen mit viel Platz, Privatsphäre und Ruhe, eine gesunde Umgebung, in der man sich willkommen fühlt, Produkte direkt vom Hof, wertvolle Gespräche und leicht zugängliche Erlebnisse, die den Urlaub einzigartig machen. Jede Bauernfamilie müsse ein eigenes stimmiges Konzept erarbeiten, das sie und den Hof besonders macht und die Kunden anspricht, die zu ihr passen.
Dreimal Frühstück, dreimal anders
Drei Bäuerinnen stellten ihr Erfolgsgeheimnis vor: das Frühstück mit hofeigenen Produkten. Stefanie Rainer vom Ansitz Lidl in Prissian bietet ihren Gästen Frühstück auf einem Tablett an. Es gibt drei Varianten zur Auswahl – süß, herzhaft, gemischt – und ein Kinderfrühstück. An hofeigenen Produkten gibt es Fruchtmuse und -aufstriche, Eier, Obst und Kompott, Tees, Säfte und Süßgebäck. Viele Gäste buchen das Frühstück für den ersten Tag, manche auch öfter. Dann variiert Stefanie das Frühstück, indem sie verschiedene Obstmuse, Aufstriche, Backwaren oder Eierspeisen auf das Tablett packt. Eine Herausforderung war für sie, die idealen Tabletts und das passende Geschirr zu finden. Auch die Arbeitsabläufe hat sie mit der Zeit optimiert: So bereitet sie am Vorabend die Tabletts vor, am Morgen werden die Produkte platziert, Brot, Müsli, Porridge und alle weiteren Produkte hergerichtet. Am Ansitz Lidl gibt es auch einen Hofladen. „Das Frühstück ist meine ,Werbung‘ für die Produkte“, erzählt Stefanie, die nun mehr verkauft. Und um das eine oder andere Rezept wird sie auch gefragt.
Christine Innerhofer vom Untermathon Hof in Vöran hat von Anfang an (seit 2019) Frühstück für ihre Urlaubsgäste angeboten. Die Inspiration dafür gab ihr ihre Mutter. Auch Christine hat sich für das Tablett entschieden: 17 Köstlichkeiten und eine Besonderheit bietet sie damit an: Die Besonderheit kann ein Porridge oder ein Milchreis sein, ein Grießbrei oder Over-Night-Oats. „Die Gäste lieben alles“, schwärmt sie, „und ich habe ein zusätzliches Einkommen.“ Vom Hof gibt es Joghurt, Fruchtaufstriche, Eier, manchmal auch Brot, Kaminwurzen und Speck, Tees und Sirupe. Weil Christine weiß, dass das Auge mitisst, legt sie großen Wert auf die Deko und das passende Geschirr: Mit Blüten, Kräutern, frischen Beeren und viel Liebe zum Detail garniert sie die Frühstückstabletts. „Das Frühstück ist ein Erfolgserlebnis“, strahlt Christine, inzwischen gebe es Gäste, die gerade wegen des Frühstücks bei ihr buchen. Das Angebot müsse aber auch gut und klar kommuniziert werden, über eine eigenen Rubrik und schöne, ausdrucksstarke Bildern.
Gabi Pliger vom Hofer Hof in Schrambach/Feldthurns bietet ein Gabelfrühstück an, das heißt, sie serviert es ihre Gästen entweder draußen auf einem überdachten Platz mit Aussicht oder in der alten Bauernstube. Beides hat seinen Reiz. Das Frühstück ist so zwar viel Arbeit, Christine kann sich aber auch individuell auf die Wünsche der Gäste einlassen. Zudem kommt immer ein Gespräch zustande, die Gäste schätzen diesen Kontakt. Gabi nimmt sich Zeit, erklärt wie sie was zubereitet und stellt gerne auch Fragen, wodurch sie mit den Urlaubern ins Gespräch kommt. Das Frühstück variiert stark – Gabi ist sehr kreativ – beinhaltet aber immer sechs Produktgruppen, das meiste ist direkt vom Hof: Getränke, Eingelegtes und Fruchtaufstriche, Eier, Müslis, Wurst- und Käseplatten. Auch ein Süßgebäck darf nie fehlen.
Zwei mustergültige Betriebe
Wie immer bei der Fachtagung für Urlaub auf dem Bauernhof wurden zwei Familien vorgestellt, die ihren Betrieb mit besonderem Herzblut führen: Gabi und Peter Paris bewirtschaften seit sechs Jahren den Häuselerhof in St. Walburg/Ulten. Es ist ein Viehbetrieb, die Eltern helfen tatkräftig mit. Vor einigen Jahren haben sie sich dazu entschieden, die bereits bestehenden Ferienwohnungen umzubauen und sie hochwertig zu gestalten. Gleichzeitig gaben sie ihre Arbeit auswärts auf und kümmern sich nun gemeinsam um Hof und Gäste. Den Frühstücksraum gab es bereits, er ist das Herzstück des Betriebes. Durch das Frühstück kommen die Bauersleute leicht mit den Gästen in Kontakt. Die schätzen die hofeigenen Produkte und sind neugierig auf alles, was der Hof zu bieten hat. Die Landwirtschaft und die Leute, die hier leben, interessieren sie. Am Pfösslerhof oberhalb von Bozen leben inzwischen vier Generationen: Manuela und Klaus Steinegger mit Eltern, Kindern und einem Enkelkind. Um den Hof für die Zukunft zu rüsten, beschlossen sie, ein Haus für Ferienwohnungen zu bauen. Viel wurde in Eigenregie gemacht, Klaus ist aber auch ein passionierter Viehbauer: Grauvieh, Hühner und Schweine gibt es am Pfösslerhof, der zudem Weinbau betreibt.
Der Hofladen ist der Dreh- und Angelpunkt des Hofes, die Gäste lieben die hofeigenen Produkte. Auch das Frühstück wird gerne gebucht, Manuela liefert es im Korb. Zudem dürfen die Gäste überall mit anpacken, wozu sie Lust haben: Besonders beliebt ist das Brotbacken, das am Pfösslerhof noch Tradition hat.
Zurück im Hier und Jetzt
Dass das Führen eines Hofes mit Urlaub auf dem Bauernhof für so manche Familie zur Zerreißprobe werden könne, hat Alexander Metzler, Speaker für Biohacking und mentale Gesundheit, schnell verstanden. Er sprach bei der Fachtagung zum Thema Achtsamkeit und gab den Bäuerinnen und Bauern im Saal Tipps für die innere Balance: So lud er dazu ein, täglich innezuhalten, sich der Schönheit der Landschaft ringsum bewusst zu machen und danke zu sagen. Sich im Alltag „Mikroabenteuer“ zu gönnen, indem man etwas Ungewöhnliches macht, morgens kalt duscht oder sogar eisbadet und sich damit im Hier und jetzt verankert – und sei es auch nur für diesen kurzen Moment. Er unterstrich auch, dass man sich nicht zu sehr von Negativem beeinflussen lassen sollte, vor allem nicht durch das ständige Hängen in den Sozialen Medien. Und dass guter, ruhiger Schlaf die Basis für einen energievollen Tag und wertschätzende Kommunikation die Grundlage für ein gutes Miteinander sind. Zum Schluss meditierte der ganze Saal unter Metzlers Anleitung, Bäuerinnen und Bauern verließen gestärkt den Saal in Richtung Buffet und Hotelmesse.