Luis Schiefer baut am Eishof in St. Leonhard in Passeier Gemüse in großem Stil an und liefert es direkt an die lokale Gastronomie.

Beispiele für gelebte Kooperation

Südtirols Tourismus von morgen mitgestalten will die Plattform TourisMUT.com. Unter anderem soll damit die Zusammenarbeit von Landwirtschaft und Tourismus im Land gefördert werden – anhand von konkreten Kooperationsbeispielen aus der Praxis. Drei davon werden im Folgenden vorgestellt.

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Produktion Wirtschaft

Luis Schiefer baut am Eishof  in St. Leonhard Gemüse für die Gastronomie an, Monica Enz Ludwig vom Oberleitenhof in St. Jakob produziert Biojoghurt für das Hotel Bühelwirt in der Nachbarschaft, und Giannibio kooperiert mit rund zehn Produzenten, um heimische Bioprodukte an Privatkunden und Hotelbetriebe weiterzugeben. Diese drei Betriebe und Geschäftsmodelle werden auf der Plattform TourisMUT.com vorgestellt. Die Betriebsporträts (mit Video) geben Einblick in Kooperationen, die zwischen Landwirtschaft und Tourismus funktionieren. Damit sollen sie Beispielwirkung haben. Der Südtiroler Bauernbund ist Partner des Projekts TourisMUT. Künftig werden immer wieder besondere Betriebe daraus vorgestellt. Den Beginn machen der Eishof, der Oberleitenhof und Giannibio.

Eishof: quer durchs Gemüsebeet
Seit rund zehn Jahren bauen Luis Schiefer und seine Frau Petra am Eishof in St. Leonhard in Passeier Gemüse im großen Stil an. In den Anfangsjahren konzentrierten sie sich vor allem auf ein für Südtirol nicht typisches Gemüse: „Damals haben wir ausschließlich Artischocken angebaut, haben dann aber festgestellt, dass der Vertrieb schwierig ist.“ Also habe man umgeschwenkt und auf Vielfalt gesetzt. „Heute bauen wir alles an, was man in einem typischen Südtiroler Hausgarten findet“, sagt Luis. Freilich ist jener am Eishof größer, denn Luis und seine Frau beliefern rund 15 Gastrobetriebe im Passeiertal und Burggrafenamt bis nach Lana. Zweimal in der Woche bringt er das frisch geerntete Gemüse direkt in die Betriebe, die Bestellung läuft unkompliziert ab: „Am Vortag der Lieferung verschicke ich an meine Kundschaft über WhatsApp eine Liste mit dem, was wir derzeit an Gemüse verfügbar haben.“ Die Köchinnen und ­Gastronomen bestellen, was sie gerade brauchen.
Der persönliche Kontakt mit den Köch­innen und Köchen sei ihm sehr wichtig, ­erklärt Luis: „Teilweise erstellen sie die Menüs, indem sie sich nach unserem Angebot richten.“ Durch die intensive Zusammenarbeit entsteht eine Vertrauensbasis, die für beide Seiten vorteilhaft ist. „Der Koch sagt mir, wann er welche Gemüsesorten braucht, so kann ich besser planen.“ Und der Kunde weiß, dass er verlässlich sein Gemüse bekommt. Ähnlich unkompliziert ist die Preisgestaltung: Im Frühling versendet Luis die Preis-
liste, die bis Saisonsende gültig ist. Vertrauen, das sei das Um und Auf: Man wolle mit der Kundschaft eine langfristige Beziehung aufbau­en. Und das sei ihm gelungen, freut sich Luis.

Oberleitenhof: klein beginnen, groß träumen
Monica Enz Ludwig lebt mit ihrem Ehemann und ihren drei Töchtern auf dem Oberleitenhof in St. Jakob im Ahrntal, einem zertifizierten Bioland-Betrieb. „Wir produzieren Biomilch und im Sommer führen wir die Tauernalm mit eigener Käseproduktion und Direktverkauf.“ Damit aber nicht genug: Seit dem Winter 2023/24 stellt Monica für das Biohotel Bühelwirt in der Nachbarschaft Biojoghurt und Biotopfen her.
Die Partnerschaft mit dem Vier-Sterne-Hotel nahm auf der Vollversammlung des örtlichen Tourismusvereins seinen Anfang. „Bei dieser Versammlung wurde der ,Kleine Marktplatz‘ vorgestellt, daraufhin fragte Michaela vom Bühelwirt, ob jemand von den anwesenden Bäuerinnen und Bauern bereit wäre, für sie Joghurt zu produzieren. Ich meldete mich und sagte, dass ich das gerne machen kann“, erinnert sich Monica. Damit war der erste Schritt getan. Aus dem persönlichen Austausch hat sich eine verbindliche Zusammenarbeit entwickelt. Im Durchschnitt beliefert Monica den Bühelwirt zweimal wöchentlich mit frischem Biojoghurt und Biotopfen, den sie am Oberleitenhof herstellt. Die Hotelierin schickt zwei Tage, bevor sie die Produkte benötigt, eine SMS an Monica. Die Bäuerin holt die frisch gemolkene Milch aus dem Stall und produziert in ihrer Küche die gewünschte Menge, aktuell zehn Kilogramm Joghurt und drei Kilogramm Topfen.
Der Preis ist etwas höher als jener der üblichen Bioprodukte, dafür ist die Rückverfolgbarkeit garantiert und der Transport beschränkt sich auf den unmittelbaren Umkreis. Für den Gast des Biohotels ein Grund mehr, um die Produkte mit gutem Gewissen zu genießen. Monica kann sich gut vorstellen, die Produktionsmenge zu erhöhen, wenn die Nachfrage da ist. Dafür würde sie auch Verkostungen in den Hotels anbieten. Die tüchtige Geschäftsfrau hat klare Vorstellungen für die Zukunft: „Ich möchte den Hof so weiterführen, dass ich meinen Kindern einen gesunden Betrieb übergeben kann.“

Giannibio: natürlich erfolgreich
Giannibio vertreibt Produkte aus biologischem Anbau und fairem Handel: 2019 wurde der erste Laden in der Bozner Cesare-Battisti-Straße eröffnet, weitere Läden und Verkaufspunkte kamen in den darauffolgenden Jahren dazu. Alles habe aber schon viel früher begonnen, wie Andrea Paiarola, einer der drei Inhaber des Unternehmens, erzählt: „Im Jahr 2001 übernahm mein Vater, der sich für biologisch produzierte Lebensmittel begeistert, einen Verkaufstand auf dem Bozner Obstmarkt, den er quasi hobbymäßig betrieben hat. Im Laufe der Zeit gelang es ihm, viele Kunden und Lieferanten zu gewinnen, denen die gleichen Werte wichtig waren: Nähe zur Natur und Saisonalität. Zusammen mit meinem Bruder Giovanni und Nicola Bottazzo, der über eine langjährige Erfahrung im Bereich des fairen Handels verfügt, haben wir dann beschlossen, den Schritt zu wagen und das Geschäft zu eröffnen.“
Der Erfolg gibt ihnen recht. Im kleinen Laden in Gries/Bozen spürt man die Leidenschaft der Mitarbeitenden für die Produkte, auch weil sie in direktem Kontakt zu den kleinen Erzeugern stehen. Die treue Kundschaft folgte ihnen vom Obstplatz in das erste Geschäft in der Cesare-Battisti-Straße. Weitere fünf Geschäfte in der Landeshauptstadt folgten, dazu gesellten sich eines in Lana und eines in Kaltern. Das Wachstum erfordert natürlich auch mehr Produkte und mehr Lieferanten. Andrea erklärt: „Die Suche nach Lieferanten ist eine Aufgabe für sich: Manche kannten wir schon lange, andere haben wir über gemeinsame Bekannte gefunden, aber es kam auch vor, dass Bauern in den Laden kamen und uns ihre Produkte anboten.“ Andrea Paiarola erklärt weiter: „Hier in Südtirol haben wir etwa zehn Lieferanten, sie kommen aus Terlan, Afing, Brixen, Lana, Meran und aus dem Vinschgau, einige auch aus dem Trentino. Dann haben wir auch jene in Süditalien, der Transport ist natürlich komplexer, die Südtiroler Bauern beliefern uns alle direkt.“ Die Bauern liefern, was sie haben. Das variiert natürlich je nach Jahreszeit. Im Frühling und Sommer haben sie ein breites Sortiment, im Winter liegt der Schwerpunkt auf Rüben, Karotten, Kartoffeln und Kohl. Dazu kommen einige Produkte von landwirtschaftlichen Betrieben in Sizilien und Apulien, wo das Klima milder ist.

Nachfrage aus der Gastronomie
Die Philosophie und die Produkte von Giannibio schätzen nicht nur Privatkunden, sondern auch Gastronomiebetriebe, wobei die Zusammenarbeit mit diesen andere Strategien erfordert. Die Zahl der Betriebe, die sich mit Überzeugung auf die Lieferungen von Giannibio verlassen, ist inzwischen groß und nimmt ständig zu, da die Gäste immer mehr Wert auf die Qualität und Herkunft der Lebensmittel legen. „Unsere Zusammenarbeit mit Hotels begann vor zwei Jahren mit der Belieferung von zwei großen Betrieben, die schon besonders sind: Das eine ist das Hotel La Vimea in Naturns, das zu 100 Prozent vegan ist. Das andere ist das Paradiso auf der Seiser Alm, dessen Küche vegetarisch ist“, sagt Andrea.
Die meisten Hotels, die Giannibio beliefert, beziehen nur einen Teil der Produkte, die sie für ihre Menüs brauchen. Der Grund ist schnell erklärt: Profiküchen benötigen das ganze Jahr über große Mengen an Produkten. „Die Auftragsabwicklung ist der schwierigste Aspekt: Die Köche und Köchinnen haben wenig Zeit und schicken uns ihre Bestellungen über alle möglichen Kanäle und in unterschiedlichen Formen: Manchmal bekommen wir nur ein Foto oder eine WhatsApp-Sprachmitteilung. Und wenn sie im Dezember Himbeeren brauchen, bekommen sie sie bei uns natürlich nicht. Wir merken aber, dass in den Küchen Saisonalität und naturbelassene Produkte immer mehr in den Mittelpunkt rücken, nicht nur, weil bessere Zutaten für bessere Gerichte sorgen, sondern auch, weil in den Augen der Gäste diese Aspekte einen wichtigen Mehrwert darstellen“, betont Andrea.

Tofu made in Südtirol
Tofu, der typisch fernöstliche Sojabohnen-„Käse“ ist schon seit Langem eine Leidenschaft von Andrea und Giovannis Vater. „Mein Vater hat vor Jahren auf dem Obstmarkt selbst gemachten Tofu verkauft oder sogar verschenkt. Die Tofuproduktion blieb aber sehr handwerklich, bis wir Jahre später eine spezielle Maschine aus China kaufen konnten“, erinnert sich Andrea. Dann kam Stefan Oberkofler vom Hof Außerbrunner in Afing bei Jenesien ins Spiel, der sich vor drei Jahren, auch auf Anraten des Versuchszentrums Laimburg, bereit erklärte, auf einem Teil seiner Felder Soja anzubauen. Im ersten Jahr betrug die Ernte 200 Kilo Sojabohnen. „Das Ergebnis war ausgezeichnet, der Tofu hat eine ideale Konsistenz und einen hervorragenden Geschmack“, freut sich Andrea, und fügt hinzu: „Wir haben natürlich nur eine geringe Produktionsmenge, aber die ist immer schnell aufgebraucht, zumal auch Hotels und Restaurants anfangen, ihn zu bestellen.“
Das Tofu-Projekt ist ganz im Sinne der Philosophie von Giannibio und wurde 2023 auf der Messe Hotel in Bozen mit dem Nachhaltigkeitsaward ausgezeichnet. „Für uns ist das ein Ansporn, immer besser zu werden, und ein Zeichen, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, erklärt Andrea.

Monica Enz Ludwig vom Oberleitenhof liefert Joghurt und Topfen an das Hotel Bühelwirt.

Giannibio produziert aus Sojabohnen vom Außerbrunner in Jenesien Südtiroler Tofu.

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