Bei Pacht auf Nummer sicher gehen

Der 11. November – „Martinitag“ – naht, und damit auch der Termin, zu dem sich viele Bäuerinnen und Bauern Gedanken über die Bewirtschaftung ihrer Agrarflächen machen. Das Thema Pacht spielt dabei vermehrt eine wichtige Rolle – und der Bauernbund ist seinen Mitgliedern dabei behilflich.

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Auch wenn der Südtiroler Bauernbund seine Mitglieder seit Jahren dazu aufruft, Pachtverträge abzuschließen, gibt es sie nach wie vor: die mündlichen Abmachungen, dass Bauer X die Wiesen von Bauer Y einfach mitbewirtschaftet und dafür einen Teil der Ernte behalten kann. Dabei können solche Abmachungen zu rechtlichen Problemen führen. Es geht vor allem auch um geltende Vorschriften, die den Nachweis der bewirtschafteten Fläche vorsehen – die Bestimmungen zum Gewässerschutz sind ein Beispiel dafür, die flächenbezogene Milchproduktion ein anderes. In beiden Fällen könnten Bauern, die den betreffenden Grund ohne Pachtvertrag bewirtschaften, durch die Finger schauen: Sie können die Bewirtschaftung von Flächen nicht geltend machen, weil sie zwar ein Abkommen zur Bewirtschaftung abgeschlossen haben, der Eigentümer aber noch immer im Informationssystem LAFIS des Landes eingetragen ist. Ebenso riskiert auch der Grundeigentümer rechtliche Probleme bei Differenzen mit dem Bewirtschafter.

Der Bauernbund rät, in solchen Fällen ausschließlich auf schriftliche Pachtverträge zu setzen – und zwar nicht auf ein Pachtverhältnis laut Gesetz, sondern einen Vertrag, der mit „Beistand einer Berufsorganisation“ abgeschlossen wird. 

Bevor wir zum Unterschied zwischen den beiden genannten Formen des Pachtvertrages kommen, vorab einige Begriffsklärungen: Ein landwirtschaftliches Pachtverhältnis liegt dann vor, wenn ein Grundeigentümer seinen Kulturgrund dauerhaft einem Dritten zur landwirtschaftlichen Nutzung überlässt und dafür einen Pachtzins erhält. Unter Kulturgrund versteht man ein Grundstück, das der dauerhaften Ausübung einer landwirtschaftlichen Tätigkeit (z. B. Viehhaltung oder Bodenkultivierung) dient. Der Kulturgrund kann auch mit Zubehör (z. B. Wirtschaftsgebäude oder Anlagen) ausgestattet sein.

Pachtvertrag laut Gesetz oder mit „Beistand der Berufsorganisation“

Wenn jemand seinen Kulturgrund dauerhaft und entgeltlich Dritten für die Ausübung einer landwirtschaftlichen Tätigkeit überlässt, führt dies zu einem landwirtschaftlichen Pachtverhältnis, das vom Pachtgesetz geregelt wird. Dieses sieht eine Mindestlaufzeit von 15 Jahren vor. Es sind nur Geldpachtverhältnisse zulässig – Ernteteilung ist also verboten. Kleine Verbesserungen am Kulturgrund kann der Pächter selbst vornehmen. Allerdings muss er den Verpächter mittels Einschreiben mit Rückantwort darüber informieren. Hierfür steht ihm keine Entschädigung am Pacht­ende zu. Große Verbesserungen darf er nur mit Zustimmung des Verpächters vornehmen. 

Bei Uneinigkeiten im Zusammenhang mit den rechtwirkungen des Pachtverhältnisses kann der Pächter bei der Landesabteilung für Landwirtschaft eine Schlichtung anstreben. Gibt der Pächter den Kulturgrund am Pachtende im ertragsreicheren Zustand zurück, steht ihm dafür eine angemessene Entschädigung zu. Der Pächter hat weiters das Recht, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Jahr mit Einschreiben mit Rückantwort jederzeit vom Pachtverhältnis zurückzutreten. In Fällen von grober Vertragsverletzung durch den Pächter kann der Verpächter unter Einhaltung einer bestimmten Prozedur die vorzeitige Pachtauflösung verlangen.

Abgeschlossene Pachtverträge müssen innerhalb von 30 Tagen ab Abschluss der Agentur für Einnahmen zur Registrierung vorgelegt werden. Junglandwirte müssen ihre Pachtverträge nur registrieren, wenn sie diese bei öffentlichen Verwaltungen vorlegen wollen.

Ein Pachtvertrag mit „Beistand der Berufsorganisation“ bedeutet, dass die Vertragsparteien alle Aspekte des Pachtverhältnisses mit Beratung und Unterstützung eines Verpächter- und Pächterassistenten einer Berufsorganisation – z. B. dem Südtiroler Bauernbund – aushandeln und in einem schriftlichen Vertrag festhalten. Sie können folgende Aspekte regeln:

  • Sie können das Pachtobjekt genau definieren (Zustand, Zweck und Ausdehnung der Liegenschaft).
  • Die Laufzeit kann anstelle der gesetzlichen Mindestlaufzeit von 15 Jahren gekürzt und den Bedürfnissen der Vertragsparteien angepasst werden.
  • Der Pachtzins kann frei vereinbart werden, muss allerdings den Richtlinien der Berufsorganisation entsprechen.
  • Die Verbesserungen (Durchführung und Spesenaufteilung) können von den Parteien vorab genau geregelt werden.
  • Die Vertragsparteien können auf alle konkreten Sondersituationen gezielt eingehen, um ihre jeweiligen Rechte und Pflichten angemessen zu berücksichtigten (z. B. Umwidmungen in Bauland, ein vorgezogener notwendiger Verkauf).

Damit werden die Vorteile klar: Das „Pachtverhältnis mit Beistand“ wird nicht mehr durch die strengen Bestimmungen des Pachtgesetzes bezüglich Pachtlaufzeit u. Ä. geregelt. Stattdessen können die Vertragsparteien ihre Bedingungen konkret vereinbaren und unterzeichnen. Der so abgeschlossene Pachtvertrag hat somit „vorrangige Rechtskraft“. Er ist die sicherste Form der Überlassung einer Grundnutzung an einen Dritten.

Fachleute für beide Seiten beim Bauernbund 

Wie erwähnt, bietet der Südtiroler Bauernbund diesen Dienst an, zu dem die Beratung, Unterstützung und der Abschluss von landwirtschaftlichen Pachtverträgen gehört. Auch eventuell aufkommende Unklarheiten zwischen Pächter und Verpächter können über diesen Beistand rechtswirksam und sicher geregelt werden. Interessierte können sich in jedem Bauernbund-Bezirksbüro jeweils an die „Sektion Verpächter“ bzw. „Sektion Pächter“ wenden (Kontakte siehe unten)

Die Vertreter der Verpächter bzw. der Pächter im Südtiroler Bauernbund treffen sich regelmäßig, um sich intensiv über aktuelle Entwicklungen und Bestimmungen auszutauschen. Das jüngste dieser Treffen fand Anfang Oktober in Bozen statt. Besprochen wurden dabei unter anderem die Verpachtung von Grundstücken mit grundbücherlichen Belastungen, die Verpachtung von Genossenschaftsanteilen im Pachtvertrag, die Vorgangsweise bei Pachtverhältnissen mit Clubsorten und die Aufteilung der Führungspesen zwischen Verpächter und Pächter.

Detaillierte Informationen zum landwirtschaftlichen Pachtverhältnis bietet eine eigene Fachbroschüre des Bauernbundes, die in regelmäßigen Abständen aktualisiert wird. Die Broschüre ist in den Bauernbund-Büros erhältlich und online im Dienstleistungsportal „mein SBB“ abrufbar.

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