Agri-Photovoltaik wird kommen

Um die ehrgeizigen Klimaziele zu erreichen, wird Südtirol zukünftig deutlich stärker auf Photovoltaik setzen müssen. Neben Dächern, Fassaden und Verkehrsflächen rückt daher auch die Agri-Photovoltaik immer mehr in den Mittelpunkt. Noch bremst die öffentliche Verwaltung, doch das könnte sich bald ändern. Die Zukunft der Agri-Photovoltaik war Thema einer Diskussionsrunde auf der Aktionsbühne des Südtiroler Bauernbundes auf der Fachmesse Agrialp.

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Produktion Wirtschaft

Um bis 2040 klimaneutral zu werden, braucht Südtirol etwa sechs Mal so viel erneuerbare Energie aus Photovoltaik wie derzeit produziert wird. Nur mit Anlagen auf Dächern, an Fassaden, auf Balkonen oder Parkplätzen werde der zukünftige Photovoltaik-Bedarf nicht zu decken sein, prognostizierte Pascal Vullo, Energieexperte der Abteilung Innovation & Energie im Südtiroler Bauernbund. „Die Agri-Photovoltaik könnte mit bis zu 400 MWp wesentlich zur nachhaltigen Stromversorgung beitragen, sofern sie zukünftig erlaubt ist.“ Aktuell ist die Stromproduktion auf landwirtschaftlichen Flächen in Südtirol nicht möglich, anders als in den anderen italienischen Regionen. 
Doch das könnte sich bald ändern. Druck kommt u. a. vom RePowerEU-Plan. Dieser sieht einen markanten Ausbau der Photovoltaik und der Agri-Photovoltaik in der EU vor. In Südtirol könnten auf bis zu 500 Hektar landwirtschaftlicher Fläche zwischen 200 MWp und 400 MWp Strom produziert werden. 


Druck macht aber auch der Südtiroler Bauernbund. Er fordert schon seit längerem, die Agri-Photovoltaik auch in Südtirol unter bestimmten Bedingungen zu ermöglichen, um den Bäuerinnen und Bauern einen zusätzlichen neuen Zuerwerb zu sichern und das Klimaziel schneller zu erreichen. „Agri-Photovoltaik auf Obstwiesen in der Nähe von Gewerbezonen oder Wohnzonen sollte möglich sein. Dadurch wird die Landschaft nicht beeinträchtigt und zugleich wären die Abnehmer bereits vor Ort“, unterstrich Bauernbund- Landesobmann Leo Tiefenthaler auf der Diskussionsrunde auf der Agrialp. Wichtig sei dem SBB aber, dass die Landwirtschaft immer im Vordergrund stehe, um eventuelle Spekulationen zu vermeiden. „Eine Alibi-Landwirtschaft, wo es nur mehr um die Stromproduktion und nicht um die Lebensmittelerzeugung geht, lehnen wir strikt ab.“ 
Dass es bei den Photovoltaik-Bestimmungen bald Nachbesserungen geben wird, glaubt der Direktor des Landesamtes für Landschaftsplanung, Peter Kasal. Landesverwaltung und -politik haben sich letzthin offener für die Photovoltaik-Produktion gezeigt und Balkonkraftwerke oder Anlagen bei denkmalgeschützten Gebäuden zugelassen. „Bei Photovoltaikanlagen auf landwirtschaftlichen Flächen hielt man sich bisher zurück.“ Agri-Photovoltaik dürfte in absehbarer Zeit möglich werden, es sollte dabei aber nichts überstürzt werden. „Vor allem braucht es klare Regelungen, wo Agri-Photovoltaik möglich sein soll und wo nicht. In der Talsohle könnte die Agri-Photovoltaik möglich werden, nicht aber im Berggebiet.“ Wichtig sei, dass Photovoltaikanlagen keine allzu großen Auswirkungen auf das Landschaftsbild hätten. 
Gefordert sind bei der Produktion von grünem Strom auch die Gemeinden. Sie besitzen viele öffentliche Gebäude, Parkplätze usw., die für Photovoltaikanlagen geeignet sind. „Die Gemeinden investierten in die Photovoltaik. Es wird aber einige Zeit dauern, bis das gesamte Potential ausgeschöpft ist“, erklärte der Präsident des Gemeindenverbandes, Andreas Schatzer. Interessant sind auch Photovoltaik-Anlagen in Kombination mit einer Energiegemeinschaft. „Sie bieten die Chance, grünen Strom gemeinsam zu produzieren und zu nutzen. Das ist nicht nur gut für das Klima, sondern schafft auch Akzeptanz für grüne Energie und die Photovoltaik“, erwähnte Pascal Vullo. 


Um beim Thema Agri-Photovoltaik am Ball zu bleiben, engagiert sich der Südtiroler Bauernbund im europäischen Forschungsprojekt Symbiosyst. „Dabei wird das Zusammenspiel von Photovoltaik und landwirtschaftlicher Produktion untersucht, und wie sich beide Produktionszweige am besten miteinander kombinieren lassen“, so Vullo. Auf einen wichtigen Aspekt wies SBB-Landesobmann Leo Tiefenthaler zum Abschluss der Diskussionsrunde hin: „Die umweltfreundlichste Energie ist die eingesparte Energie. Daher sollte jede und jeder überlegen, wo sich Energie einsparen lässt.“

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