Landesrat Luis Walcher am Rednerpult bei der Bezirksversammlung in Tramin.

„Sonst entscheiden andere“

Um die Überarbeitung der Naturpark-Ordnung, die US-Schutzzölle auf Wein, geänderten Rahmenbedingungen in Brüssel und nicht zuletzt die anstehenden Gemeinderatswahlen ging es bei der Bauernbund-Bezirksversammlung des Unterlandes. Sie fand am Abend des 11. April im Bürgerhaus von Tramin statt.

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SBB

„2024 war ein arbeitsreiches Jahr“, resümierte Reinhard Dissertori, Bauernbund-Bezirksobmann des Unterlandes, bei der Vollversammlung in Tramin. Frost, kühle Temperaturen und viel Regen gaben Pilzkrankheiten den Vorschub, was im Obst- und im Weinbau zu massiven Problemen führte. Trotz aufwendiger Pflanzenschutzmaßnahmen blieben die Erntemengen beim Wein unterdurchschnittlich, die Äpfel aber konnten dank europaweiter Frostschäden gut abgesetzt werden. Ein großes Thema für Dissertori sind die steigenden Produktionskosten – allen voran die Maschinenpreise, die durch Förderungen zusätzlich angeheizt werden. Dazu kommen internationale Handelshemmnisse, wie etwa US-Zölle, die sich negativ auswirken. Auch der Pflanzenschutz bereitet Sorgen: Weniger zugelassene Wirkstoffe bei ständig neuen Schadorganismen machen Schwierigkeiten. Dissertori meinte: „All das schreckt Hofübernehmerinnen und -übernehmer ab. Wir brauchen vernünftige Lösungen.“ Stellvertretend für Bezirksobmann-Stellvertreter Simon Unterhauser schilderte Michael Epp, Bürgermeister von Truden, die Situation der Bergbauern im Bezirk: Wegen des schlechten Wetters blieb der zweite Schnitt in vielen Betrieben aus, damit fehlt das Futter. Die Auszahlungspreise seien aber angezogen, vor allem für jene Betriebe, die an die Genossenschaft Bergmilch liefern. Auch die Schlachtviehpreise sind zufriedenstellend. In Truden, wo 82 Prozent der Fläche im Naturpark liegen, macht man sich Sorgen über die geplante Abänderung des Naturpark-Dekrets. „Im ersten Entwurf sei einiges zu bemängeln und schlichtweg lebensfremd“, meinte Epp.

Stimmungswandel in der EU
EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann sprach von einer Zeitenwende in Brüssel: „Erstmals seit Jahrzehnten rückt die Ernährungssicherheit wieder in den Fokus“, meinte er. Krisen wie der Ukrainekrieg hätten das Bewusstsein dafür geschärft. Auch die politische Stimmung in Europa verändere sich, die neue Mehrheit sei bäuerlicher eingestellt. Für die Zeit nach 2027 erwartet Dorfmann in Brüssel mehr Augenmerk auf aktive Landwirtschaft, benachteiligte Gebiete und realistische Pflanzenschutzregelungen. „Wo Pflanzenschutzmittel verboten werden, muss künftig der Fokus auf Alternativen gesetzt werden”, erklärte er. Das sei auch die Stoßrichtung des neuen EU-Kommissars Christophe Hansen. Besondere Hoffnung setzt Dorfmann auf neue Gentechnik. Auch die Risikoabsicherung müsse neu gedacht werden. Beim Thema Wein kündigte Dorfmann Maßnahmen der EU zur Marktstabilisierung an: Pflanzrechte sollen nach Rodung acht Jahre gültig bleiben, entalkoholisierter Wein wird klar geregelt, neue Märkte werden anvisiert. In Anbetracht der US-Zölle meinte Dorfmann: „Meine Hoffnung ist, dass Präsident Trump nur droht, um dann besser verhandeln zu können.“ Und beim Thema Wolf sei nun auch ein Fortschritt erreicht worden:  In der Berner Konvention wurde der Schutzstatus bereits reduziert, nun fehle noch die Anpassung der FFH-Richtlinie. Ziel sei nach wie vor die Regulierung.

Landwirtschaft muss mitreden
Landesrat Luis Walcher unterstrich, dass bei den Naturparken und bei Natura 2000 noch nicht das letzte Wort gefallen sei. Auch sprach er sich für den Abbau von Bürokratie aus, er arbeite daran, Verfahren zu vereinfachen. Weitere Schwerpunkte seiner politischen Arbeit sieht er in der Bewertung von Agri-Photovoltaik für die Südtiroler Landwirtschaft: Hier müsse man durch Versuchsanlagen Daten sammeln, um ihre Wirtschaftlichkeit abschätzen zu können. Auch an den Themen Großraubwild und Risikoabsicherung sei man dran. Und schließlich müssten die Auswirkungen des Klimawandels abgefangen werden. Ein großes Anliegen des Landesrats ist die stärkere Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Gastronomie: „Der Wille zur Kooperation ist auch seitens der Hotellerie und Gastronomie da, oft ist die Logistik ein Problem“, meinte er, deshalb wolle er mit Großhändlern und Gastronomiezulieferern reden und sie mit ins Boot holen. Ziel müsse es sein, mehr heimische Produkte auf Südtirols Tische zu bekommen. Auf die Gemeinderatswahlen ging Bauernbund-Landesobmann Daniel Gasser ein: Er forderte die Anwesenden auf, zur Wahl zu gehen, vier Vorzugsstimmen zu geben und vor allem bäuerliche Vertreterinnen und Vertretern das Vertrauen auszusprechen. Schließlich wüssten sie um die Bedürfnisse der bäuerlichen Bevölkerung. Es stünden nämlich wichtige Entscheidungen an, angefangen beim Gemeindeentwicklungsprogramm über die Siedlungsgrenzen bis hin zum ländlichen Wegenetz. „Wir müssen mitreden, sonst entscheiden andere über uns“, erklärte der Landesobmann.

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