Die Familie Kaufmann aus Laas setzt auf natürliche Materialien und Rückbau.

Nachhaltiger Baustoff Hanf

Nachhaltigkeit beginnt beim Fundament. Dass dies mehr als nur eine Floskel ist, bewies die jüngste ­Fachexkursion der Plattform Land im Vinschgau im Rahmen des EU-Projekts SUSMAT (nachhaltig bauen und sanieren) eindrucksvoll.

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Wirtschaft

Die Veranstaltung widmete sich dem Thema „Hanf als Baustoff der Zukunft“ und bot den Teilnehmern eine spannende Reise in die Welt nachhaltigen Bauens. Die Exkursion wurde kofinanziert von der Europäischen Union im Rahmen des Kooperationsprogramms „Interreg VI-A Italien–Österreich 2021–2027“. Erster Halt war in Eyrs. Hier empfing Werner Schönthaler vom Bauunternehmen Schönthaler die Gruppe. Er forscht seit über einem Jahrzehnt an nachhaltigen Materialien und hat den Hanfstein perfektioniert – eine Kombination aus Hanfschäben und Naturkalk. Neben seiner Fähigkeit, CO₂ zu speichern, biete Hanf eine exzellente Wärmedämmung, erklärte Schönthaler. Die thermische Effizienz mache zusätzliche Dämmstoffe wie Polystyrol überflüssig. „Hanfsteine regulieren zudem die Luftfeuchtigkeit, verbessern die Raumluftqualität und bieten eine natürliche Resistenz gegen Schimmel, Schädlinge und Nagetiere“, unterstrich Schönthaler.

Rückbau für nachhaltige ­Sanierung
Die Exkursion führte weiter zur Baustellenbesichtigung eines Familienhauses in Laas, das derzeit nachhaltig saniert wird. Familie Kaufmann entschied sich für den Einsatz von Hanf als Dämmmaterial sowie Hanf-Kalk-Ziegel für die Wände. Hans Kaufmann betonte: „Das Bauen mit nachhaltigen Materialien ist sicher auch eine Preisfrage. In erster Linie ist es aber eine Frage des Prinzips.“ Der für das Projekt verantwortliche Architekt Jürgen Wallnöfer hob hervor, dass bei dieser Sanierung der Ansatz des „Rückbaus“ verfolgt wurde: „Normalerweise wird bei Sanierungen immer aufgebaut“, erklärte Wallnöfer, „wir haben aber den gesamten Putz abgenommen und die historisch naturbelassene Außenfassade wiederhergestellt. So haben wir uns Putz- und Malerarbeiten gespart.“

Das Potenzial des Hanfanbaus
Bei einem regen Austausch über Hanf­anbau und seine CO₂-Speicherkapazitäten während der Mittagspause in der historischen Tschenglsburg lag der Fokus auf der Frage, wie nachhaltig Bauen in der Praxis funktioniert. Ein Hektar Hanf kann in nur 100 Tagen genug Biomasse für ein Einfamilienhaus liefern – und das bei einer CO₂-Bilanz, die die Exkursionsteilnehmer beeindruckte: Hanfsteine binden mehr CO₂ als während des gesamten Produktionsprozesses freigesetzt wird. Die Teilnehmenden diskutierten, wie wichtig das Vertrauen zwischen Planern, Architekten und Handwerkern ist. „Nicht jeder Handwerker wagt sich an solche Projekte“, betonte Wallnöfer, „aber mit klarer Kommunikation und einem gemeinsamen Verständnis können auch komplexe Bauvorhaben erfolgreich umgesetzt werden.“ Obwohl die Materialkosten manchmal höher sind, gleicht der einfachere Aufbau dies oft aus – am Ende sind die Gesamtkosten nur geringfügig höher.

Das Hanfhaus
Der letzte Programmpunkt führte die Gruppe zum Hanfhaus von Mathias Telser in Schluderns. Der passionierte Bauherr hatte vor Baubeginn selbst Hanf angebaut und nutzte die Ernte, um eigene Hanfsteine zu fertigen. Mit einer beeindruckenden Quote: 70 Prozent der Materialien stammen aus einem Umkreis von 30 Kilometern, 80 Prozent sind vollständig wiederverwertbar. „Mein Ziel war es, ein Gebäude zu schaffen, das der Umwelt genauso dient wie uns Bewohnern“, berichtete Telser seinen Gästen. Statt eines Betonfundaments entschied er sich für regional geschichtete Steine – eine Methode, die nicht nur traditionell ist, sondern auch die bestehenden Obstbäume rundherum bestehen ließ. Sein Hanfhaus steht für ein Baukonzept, das Verantwortung für Klima und nachfolgende Generationen übernimmt.

Hanf als Baustoff der Zukunft
Die Exkursion zeigte, wie Hanf die Bauweise der Zukunft prägen kann. Ob gesundes Raumklima, energieeffiziente Wärmedämmung oder langlebige Materialien – Hanf überzeugt auf ganzer Linie. Mehr noch: Er ist nicht nur eine nachhaltige Alternative, sondern bietet Lösungen für die dringendsten Herausforderungen im Bauwesen. Schließlich verantwortet die Baubranche weltweit fast 50 Prozent der CO₂-Emissionen und 40 Prozent des gesamten Abfalls. Die Fachexkursion der Plattform Land hat den Teilnehmern an der Exkursion gezeigt: Hanf hat sich als Baustoff bewährt und wird immer beliebter.

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