Gut gerüstet für Direktvermarktung
Drei Betriebe, drei Realitäten und ein konkreter Plan für die Zukunft: Bei den Abschlussgesprächen der diesjährigen
Direktvermarkterakademie stellten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Konzepte vor. Jedes verschieden und doch haben sie eines gemeinsam: Die Weiterentwicklung des eigenen Hofes.
Der Oberstufelshof liegt malerisch auf 1300 Metern Meereshöhe in St. Michael/Kastelruth. Es ist ein kleiner Hof, gerade einmal zwei Hektar Wiese und acht Hektar Wald gehören dazu. Tanja Schenk (Jahrgang 1997) und ihr Mann Jakob Tirler (Jahrgang 1998) haben den Biohof im letzten Jahr übernommen. Jakobs Eltern gingen immer auswärts arbeiten, der Hof bot die Grundlage für ihr Selbstversorgerleben: Zwei Mutterkühe und zwei Kälber stehen im Stall, auf dem Acker werden verschiedene Getreide, Gemüse und Kartoffeln angebaut. Beerensträucher und eine Streuobstwiese runden die Palette ab. Auch Bienen werden am Hof gehalten und inzwischen sogar ein Schwein: „So haben wir eigenen Speck, Schinken und selbstgemachte Würste“, erzählte Tanja Schenk bei ihrem Abschlussgespräch der diesjährigen Direktvermarkterakademie im Südtiroler Bauernbund. Denn was bisher vor allem als Lebensgrundlage für die Familie galt, soll künftig eine echte Einkommensquelle werden: indem die Produktion am Hof gesteigert und Roh- sowie verarbeitete Produkte ab Hof verkauft werden. Das ist der Plan von Tanja Schenk, deshalb hat sie die Ausbildung absolviert.
13 Teilnehmer und 120 Stunden
Die 120 Stunden umfassende Direktvermarkterakademie ist in sechster Auflage im November 2024 mit 13 Teilnehmerinnen und Teilnehmern gestartet und fand mit den Gesprächen am Sitz des Südtiroler Bauernbundes ihren Abschluss. Die Ausbildung wird insgesamt sehr gut angenommen und bietet eine solide Basis für Direktvermarkterinnen und Direktvermarkter oder Bäuerinnen und Bauern, die es noch werden möchten. Christoph Falkensteiner, Leiter der Bauernbund-Weiterbildung, die die Ausbildung seit dem Jahr 2019 organisiert, erklärt: „Die Gruppen sind meist recht inhomogen, manche Teilnehmerinnen/Teilnehmer sind schon in der Direktvermarktung erprobt und wollen ihr Wissen ergänzen und auffrischen, andere wiederum sind Neueinsteiger und wollen sich vor dem Start das nötige Rüstzeug für einen erfolgreichen Einstieg holen.“ Zu den Betrieben, die noch ganz am Anfang stehen, gehört beispielsweise der Oberstufelshof.
Gute Ausgangslage
Die Basis für die Direktvermarktung wird von den jungen Bauersleuten am Oberstufelshof derzeit gelegt: Nachdem das alte Wirtschaftsgebäude baufällig war, musste es abgerissen werden. Nun wird es neu und größer aufgebaut, damit ein paar Mutterkühe und Kälber mehr Platz darin finden. Auch ein kleiner Hofladen ist eingeplant: „Es gibt in unserer Gegend viele potentielle Abnehmerinnen und Abnehmer für handwerklich gefertigte landwirtschaftliche Produkte“, erklärt Tanja Schenk. Eigentlich wollte sie nie Bäuerin werden, jetzt aber macht sie nichts lieber, als im Garten zu werkeln, die eigenen Produkte zu verarbeiten und so viele Lebensmittel wie möglich selbst herzustellen und auf den Tisch zu bringen. Dabei ist die Familie sehr konsequent: „Wenn die Kühe trockenstehen, gibt es keine Milch bei uns“, erklärt die junge Frau. Zudem ist ihr wichtig, die natürlichen Kreisläufe zu stärken, die Vielfalt zu erhalten und vor allem Qualität zu produzieren statt Menge.
Eine Ferienwohnung für Urlaub auf dem Bauernhof gibt es auch am Oberstufelshof. Sie wurde bereits von den Schwiegereltern als Zusatzeinkommen genutzt, mit etwas Marketing könnte sie aber noch besser ausgelastet werden und so zu mehr Wertschöpfung beitragen. Damit Tanja – hoffentlich – am Hof bleiben und sich dort etwas Eigenes aufbauen kann. Noch gehen sowohl sie als auch ihr Mann in Vollzeit auswärts zur Arbeit. „Wenn ich mal mehr am Hof sein kann, werde ich auch mehr Zeit haben, um neue Dinge auszuprobieren“, erklärt sie. Pläne gibt es nämlich genug: So überlegt sie, ein Hofcafé einzurichten und dort Gäste und Wanderer zu bewirten oder auch Hofführungen anzubieten. Walter Rier, der für die Abteilung Marketing im Südtiroler Bauernbund in der Kommission sitzt, ermutigt sie dazu: „Das kann in Zusammenarbeit mit dem örtlichen Tourismusverein gut funktionieren“, meint er. Christoph Falkensteiner, das zweite Kommissionsmitglied, fragt zum Abschluss, was ihr an der Direktvermarkterakademie besonders gefallen hat oder besonders nützlich schien. Tanja Schenk unterstreicht: „Es ist einfach toll, andere Direktvermarkterinnen und Direktvermarkter kennenzulernen – sowohl als Kursteilnehmer als auch bei den Hofbesuchen. Das war sehr wertvoll und hat mir Mut gemacht.“ Auch das Ausarbeiten des Businessplans sei sehr aufschlussreich gewesen. Und nicht zuletzt habe sie in der Zeit der Fortbildung neue Ideen entwickeln können. Innerhalb der nächsten zwei, spätestens drei Jahren will sie ihre Pläne umsetzen, sich Schritt für Schritt an die Direktvermarktung annähern und schauen, was kommt.
Etabliert, aber mit neuen Plänen
Der Neuhäuslerhof in Albions/Lajen ist ein etablierter Direktvermarktungsbetrieb: Schon die Eltern von Daniel Hanni haben auf etwa zwei Hektar Fläche neben Äpfeln auch Kirschen, Marillen, Himbeeren, rote und schwarze Johannisbeeren, Brombeeren, Zwetschgen und Kastanien angebaut und direkt vermarktet: Teils über Selbstpflücke (bei den Beeren) an Stammkunden, teils über einen Stand am Bauernmarkt in Gröden und über einen Verkaufsstand direkt an der Straße nach Gröden, allerdings nur am Wochenende. Daniel Hanni ist eigentlich Kältetechniker und geht diesem Beruf auch nach. Seine Freundin ist Kindergärtnerin und kann dadurch vor allem während der Arbeitsspitzen im Sommer einiges abfangen. Eine große Hilfe ist der Vater: Er ist zwar nicht mehr der Jüngste, kümmert sich aber noch ganz um die Selbstpflücke und legt überall dort Hand an, wo es braucht. Langsam muss sich Daniel aber Gedanken darüber machen, wie es mit dem Neuhäuslerhof weitergehen soll: Er will ihn von Voll- auf Zuerwerb umstellen, gleichzeitig aber mehr auf Bauernmärkten präsent sein und vor allem sein Marketing ausbauen, um bekannter zu werden. Weil die Beerenanlagen in die Jahre gekommen sind, muss er entscheiden, ob er sie weiterführt oder auflässt. Schließlich ist die Selbstpflücke relativ zeitintensiv, denn ohne Aufsicht kann man die Kundinnen und Kunden nicht lassen. So überlegt der Bauer, die weniger rentablen Kulturen aufzugeben, vor allem die Äpfel werden wohl weichen und Marillen und Kirschen Platz machen müssen. „Die sind zwar kurze Zeit sehr intensiv und nur mit Hilfe von Fremd-Arbeitskräften zu händeln, dafür werfen sie aber gutes Geld ab“, erklärt Hanni. Die außergewöhnliche Qualität seiner Früchte ist rundum bekannt. Schließlich wird nur reifes Obst geerntet, sofort kühl gelagert und dann so schnell wie möglich verkauft. Das haben schon seine Eltern so gehandhabt, er macht das genauso weiter. „Das bedeutet zwar, dass wir bei der Ernte eine deutlich geringere Pflückleistung haben, dafür stimmen aber Qualität und Preis“, weiß der junge Bauer.
Die Direktvermarkterakademie hat Daniel Hanni viel gebracht. Vor allem der Austausch untereinander hat ihm gefallen. Zudem hat er viel über rechtliche Bestimmungen bei der Etikettierung oder bei der Meldung von Arbeitskräften erfahren, Ideen für ein effizientes Marketing und allgemeine Tipps bekommen. Als besonders lehrreich stuft er auch die Betriebsbesuche ein, die Teil der Ausbildung sind. „Egal ob es Anfänger oder erfahrene Direktvermarkter sind, es ist sehr hilf- und lehrreich, wenn sie erzählen, mit welchen Schwierigkeiten und Herausforderungen sie konfrontiert sind und waren.“ In der Abschlussdiskussion geht es vor allem um Rentabilität: Dazu muss Hanni erst Daten erheben, denn er weiß noch nicht, was die Beeren abwerfen und wieviel ihm Anbau und Vermarktung kosten. „Mein Vater hat nie so detailliert Buch geführt“, erklärt er. Es ist nun an ihm, die Datengrundlage für einen konkreten Businessplan zu erheben. Bei der Ausbildung hat er gelernt, worauf er dabei zu achten hat.
Neues Standbein für den Viehbetrieb
Nicht mehr ganz von Null startet Irmgard Santer aus Rodeneck in die Direktvermarktung. Sie lebt mit ihrem Mann, dessen Mutter Lene und dem Sohn Michael am Widnerhof, einem Viehbetrieb auf 880 Metern Meereshöhe, der die Milch an den Milchhof Brixen liefert. Die beiden Töchter sind aus dem Haus, Irmgard Santer ist als Lehrerin inzwischen in Pension. Während des Corona-Lockdowns ist ihr die Idee gekommen, an einem trockenen, bisher unproduktiven Hang Weinreben anzubauen. Nachdem sie die Pflanzgenehmigung erhalten hatte, wurden Reben der PIWI-Sorte Souvignier gris gepflanzt. Der Wein wird von einem Fachmann in der näheren Umgebung gekeltert, inzwischen werden 650 Flaschen „Rodenecker Gold“ abgefüllt. Irmgard Santer möchte künftig Hofführungen anbieten und den Leuten nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch die Geschichte der Gegend näherbringen. Idealer Höhepunkt solcher Führungen könnte der zum Hof gehörende Bunker sein. Dort möchte die Bäuerin als Abschluss einen Umtrunk anbieten und den eigenen Wein direkt verkaufen. Noch ist sie allerdings nicht soweit, das eine oder andere Fläschchen wird inzwischen verschenkt. In diesem Jahr werden zusätzliche Reben angepflanzt, diesmal von der PIWI-Sorte Solaris. „Ich wollte in der Ausbildung erfahren, was ich als Direktvermarkterin alles machen kann, und wie ich rechtlich in Ordnung bin. Das ist mir wichtig“, erklärt Santer beim Abschlussgespräch. Der Kurs hat ihr viel gebracht. Sogar der Bodenkunde, die einen Teil des Kurses ausmacht, hat sie viel abgewinnen können. „Man geht jetzt einfach anders an den Boden heran und schaut genauer hin“, erzählt sie. Auf jeden Fall werde sie die Direktvermarkterakademie weiterempfehlen, das könne sie versprechen.