Landesbäuerin Antonia Egger macht sich jetzt schon Gedanken zu den Gemeinderatswahlen. Foto: Armin Huber

Frauen in der Politik: „Einfach tun“

Die Gemeinderatswahlen 2025 sind eine Chance für Veränderungen: sowohl thematisch als auch gesellschaftspolitisch. „Nutzen wir diese Chance“, sagt Landesbäuerin Antonia Egger im Interview.

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Bäuerinnenorganisation

Landesbäuerin Antonia Egger macht sich Gedanken über die Gemeinderatswahlen 2025. Ihr Ziel: Frauen am Land zu motivieren, Gemeindepolitik mitzugestalten. Denn es ist wichtig, dass auch Frauen im Gemeinderat sitzen und mitentscheiden. Und je mehr Frauen dort vertreten sind, desto eher werden ihre Anliegen  gehört.

Südtiroler Landwirt: Gemeinderatswahlen 2025, was wird die Herausforderung sein, Frau Egger?
Antonia Egger:
Eine große Herausforderung wird es sein, die Frauen anzusprechen, die auch Lust haben, politische Aufgaben zu übernehmen. Wir müssen sie aber auch motivieren. Oft heißt es ja, ich kann das nicht, ich habe keine Zeit. Beides hindert Frauen daran, eine politische Aufgabe zu übernehmen. Zum Argument „Ich kann das nicht” möchte ich sagen: Ich bin überzeugt, Männer stellen sich diese Fragen nicht. Sie tun es einfach. Und das sage ich auch den Frauen: Einfach tun. Die Zeit findet man, wenn es einem wichtig ist.

Sie sind auch Gemeinderätin und wissen, wie es läuft. Kann man etwas bewegen?
Bestimmte Entscheidungen müssen getroffen werden, z. B. der Haushalt. Man kann aber mitentscheiden, wofür das Geld ausgegeben wird. Das sind oft kleine Entscheidungen mit großer Wirkung. Man kann mitreden, wie viel für die Straßen ausgegeben wird und wie viel für den Kindergarten. Und gerade beim Dorfentwicklungsplan ist es wichtig, dass wir Leute aus der Landwirtschaft dabei haben, weil es oft um landwirtschaftlichen Grund geht.

Oft wird auch gesagt, man finde keine Frauen. Wenn man sie fragt, wollen sie nicht.
Das ist manchmal eine faule Ausrede, denn es gibt Frauen. Man hat oft Angst vor Frauen, die kritisch sind, die sich trauen, etwas zu sagen. Ich glaube, wir als Bäuerinnenorganisation müssen die Courage haben, diese Frauen anzusprechen und zu unterstützen – im Wahlkampf und auch danach. Wir sollten sie z. B. zu Sitzungen einladen. So können sie mit den Bäuerinnen im Gespräch bleiben, das erleichtert ihre Arbeit in der Gemeinde sehr.

Das ist Aufgabe unsere Funktionärinnen ...
Das ist eine wichtige Aufgabe der Bäuerinnenorganisation vor Ort. Die Bäuerinnen sollen aus ihren Reihen Frauen suchen oder fragen: Wer möchte? Es ist wichtig, Frauen im Gemeinderat zu haben. Die Rechnung ist ganz einfach: Wenn eine Frau weniger drin ist, sitzt ein Mann mehr im Gemeinderat. Ich will keinesfalls den Männern die Kompetenz absprechen, aber wir Frauen wissen, was wir brauchen. Das beginnt beim Schülertransport, geht weiter bei der Schulausspeisung bis hin zu Familieneinrichtungen. Da geht es nicht nur um Themen der Landwirtschaft, sondern um Themen, die die Familie betreffen. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns im ländlichen Raum engagieren, damit das Leben für die Familien im ländlichen Raum leichter wird.

Oft hört man das Argument: Die Frauen wählen sich selbst nicht ...   
Ja, das muss ich auch sagen, das tut mir leid. Denn wenn Frauen Frauen unterstützen würden, müssten mehr Frauen vertreten sein. Wir sind einfach zu kritisch und hinterfragen viel zu viel. Wir müssen den Frauen mehr zutrauen. Wenn wir Frauen im Gemeinderat haben, haben wir eine Ansprechpartnerin und können mehr Anliegen der Frauen weiterbringen. Wenn Frauen im Gemeinderat oder -ausschuss zu schwach vertreten sind, tun sie sich schwer, ihre Themen durchzusetzen. Sie sind dann einfach immer in der Minderzahl.

Haben wir Vorbilder? Brauchen wir sie?
Es gibt Vorbilder, jede Frau muss sich selbst ihre suchen. Es kann ja auch ein Mann sein, der politisch gut arbeitet. Politik hat mit dem Leben zu tun. Und das Leben mit der Politik, das gehört zusammen. Man darf nicht alles kritisieren und nur sehen, was falsch läuft. Man hat die Möglichkeit, selbst etwas zu machen, und das, glaube ich, sollte Motivation genug sein, dass Frauen sich für die Wahlen zur Verfügung stellen. Es soll auch Motivation sein, dass wir Frauen einander unterstützen.

Haben es Frauen schwerer, weil sie nach wie vor für die Familienarbeit zuständig sind?
Für die Frau ist immer noch die Familie das Wichtigste. Und so verzichtet sie auf ihre Karriere. Das ist natürlich schade. Gerade deswegen sollten Frauen Frauen wählen, denen es gelingt, alles unter einen Hut zu kriegen. Wir müssen uns gegenseitig bestärken. Denn ihr Einsatz gilt allen Familien und der Dorfgemeinschaft. Solche Frauen muss man unterstützen. Es ist auch wichtig, dass Männer die Frauen unterstützen, die sich der Wahl stellen, auch die Männer zu Hause: Sie können sich darüber freuen, dass  ihre Frauen aktiv sind. Es heißt: Hinter jedem starken Mann steht eine starke Frau. Es kann aber auch umgekehrt heißen: Es ist wichtig, sich gegenseitig zu bestärken.

Was wünschen Sie sich für die Gemeinderatswahlen 2025?
Ich wünsche mir, dass wir mehr Frauen in den Gremien haben, im Gemeinderat und in den Ausschüssen. Und mehr Frauen sollen sich trauen, Ämter anzunehmen. Auch Männer müssen sich einarbeiten, auch sie wissen  und können nicht sofort alles. Wir Frauen können uns genauso gut einarbeiten. Deswegen sollen wir nicht sagen: Ich kann das nicht. Wir können vieles lernen, vieles ist machbar, man bekommt viel Unterstützung und deswegen schaffen wir das. Gehen wir es an!

Interview: Ulrike Tonner

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