Baumasse neu berechnen
Seit Inkrafttreten des neuen Landesgesetzes für Raum und Landschaft gelten auch für die Berechnung der Baumasse neue Regeln. Im folgenden Artikel werden die wichtigsten Neuerungen vorgestellt.
Das neue Landesgesetz für Raum und Landschaft (LG 9/2018) sieht vor, dass mit Durchführungsverordnung einheitliche Vorschriften zur Berechnung der Baumassen erlassen werden. Diese Vorschriften gelten für alle Gemeinden und sind in der „Verordnung zum Bauwesen“ (Dekret des Landeshauptmannes Nr. 24/2020) sowie im neuen Rundschreiben der Abteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung Nr. 4/2021 vom 23. November 2021 geregelt.
Alte Kubatur keine neue Baumasse
Die neuen Kriterien zur Berechnung der Baumasse kommen seit 1. Juli 2020 sowohl für bestehende als auch für neu zu errichtende Gebäude zur Anwendung. Alte Kubaturberechnungen können aufgrund der neuen Bestimmungen mehr oder weniger stark von der neuen Baumassenberechnung abweichen und sagen daher wenig über die tatsächlich bestehende oder noch verbaubare Baumasse aus. Einzig Projekte, welche bis zum 30. Juni 2020 eingereicht wurden, können noch nach den alten Kriterien abgeschlossen werden. Zu beachten sind aber wesentliche Änderungen während der Bauphase, welche zu einem neuen Baurechtstitel und somit zur Anwendung der neuen Berechnungsmethoden führen.
Gesamtbaumasse
Die Baumasse umfasst den gesamten Rauminhalt, welcher von der Außenhülle eines Gebäudes umschlossen wird (hohl für voll). Sie ergibt sich aus der Multiplikation der Bruttofläche jedes Stockwerks mit der jeweiligen Höhe. Die Höhe des Stockwerks ermittelt sich aus der Differenz zwischen der Höhenkote des Fußbodens des Stockwerks und der Höhenkote des Fußbodens des darüberliegenden Stockwerks – für das Dachgeschoss bis zur wasserführenden Schicht des Daches.
Ober- und unterirdische Baumasse
Die gesamte Baumasse wird in unterirdische und oberirdische Baumasse unterteilt. Generell ist in den Planungsinstrumenten und Rechtsvorschriften immer von oberirdischer Baumasse die Rede, außer es wird ausdrücklich auf die unterirdische oder die gesamte Baumasse verwiesen. Als oberirdische Baumasse wird das Volumen über der natürlichen oder genehmigten Geländelinie verstanden.
Bei Änderungen des natürlichen Geländeverlaufs darf ein Böschungsverhältnis von 2 : 3 (Höhe Böschung : Abstand Böschungsfuß) nicht überschritten werden. Zufahrtsrampen längs einer einzigen Fassade und mit einer Breite von maximal fünf Metern zu ganz oder teilweise unterirdischen Geschossen sowie Einfahrtsöffnungen von bis zu fünf Meter Breite und drei Meter Höhe unterbrechen nicht die Geländelinie.
Unterirdisch hingegen gilt der Bereich unterhalb der Geländelinie. Außerdem gelten Bauwerke in Hanglage als vollkommen unterirdisch, wenn drei Seiten im Erdreich liegen und lediglich die Eingangsseite außerhalb der Erde ist.
Dachgeschosse
Wesentliche Unterschiede zu früher gibt es bei der Berechnung der Baumasse der Dachgeschosse. Nicht als Baumasse gelten die Dachzwischenräume mit einer lichten Höhe, senkrecht gemessen zwischen Fußboden und wasserführender Schicht des Daches, von höchstens zwei Metern.
Haben die Dachräume auch nur an einer Stelle eine Höhe von mehr als zwei Metern, dann zählt der gesamte Dachraum als Baumasse. Das Einziehen einer nicht belastbaren Decke in Form einer Gipsdecke oder von Stoffbahnen, um die Raumhöhe auf zwei Meter zu begrenzen, ist nicht ausreichend, damit das Dachgeschoss nicht komplett als Baumasse gilt. Es bedarf dazu einer Decke mit ausreichender Stärke, sodass ein eigenständiger und nutzbarer Dachraum (z. B. als Abstellfläche) entsteht. Vertikal abgetrennte Dachzwischenräume im Dachgeschoss (z. B. seitlich abgetrennte Bereiche) mit einer geringeren Höhe als zwei Meter zählen somit auch zur Baumasse, wenn das Dachgeschoss selbst diese überschreitet.
Damit weisen die meisten Dachgeschosse mit der neuen Baumassenberechnung eine weit höhere Baumasse als früher auf, was jedoch im Falle eines Abbruchs und Wiederaufbaus von Vorteil sein kann.
Bestehende Wärmedämmung gilt als Baumasse
Durch diese neuen Bestimmungen sind auch die in der Vergangenheit angebrachten Wärmeisolierungen an den Außenwänden als Baumasse miteinzurechnen (z. B. energetische Sanierung von Gebäuden), auch wenn diese damals keine neue Kubatur bildeten. Auch Wintergärten fallen unter diese neuen Bestimmungen und werden folglich jetzt als Baumasse betrachtet.
Der Südtiroler Bauernbund hatte sich hier immer dafür eingesetzt, dass die für Energieeinsparung gewährten Befreiungen nicht zur neuen Baumasse zählen sollten, da diese meist teuer bezahlt wurden und nun eine Zusatzbelastung darstellen.
Eine Ausnahme gilt bei Anbringung einer neuen Wärmedämmung an bestehenden Gebäuden im Falle von außerordentlichen Instandhaltungen, Restaurierungs- und Sanierungsmaßnahmen sowie Maßnahmen zur baulichen Umgestaltung. Hier greifen die staatlichen Bestimmungen gemäß dem gesetzesvertretenden Dekret Nr. 102/2014. Diese besagen, dass die Wärmedämmung in diesen Fällen nicht als Baumasse zu berechnen ist, wenn die vorgeschriebene Verbesserung der Dämmwerte erreicht wird. Zudem kann in diesen Fällen auch von den geltenden Mindestabständen zwischen Gebäuden, zur Grundstücksgrenze oder zu Straßen bzw. der maximalen Gebäudehöhe abgewichen werden. Die Mindestabstände laut Zivilgesetzbuch sind aber immer einzuhalten.
Neuerungen für Loggias und Verglasungen
Zu den Loggias und Verglasungen sieht das Rundschreiben Nr. 4/2021 wesentliche Neuerungen vor: Loggias werden für die Baumassenberechnung nicht mehr berücksichtigt. Die Schließung von senkrechten Flächen mit Verglasungen, Lamellen, Holzbrettern oder Ähnlichem wird als Baumasse berechnet, wenn der Prozentsatz der geschlossenen oder schließbaren Fläche mehr als 75 Prozent beträgt.
Vorher galt, dass, sofern mehr als die Hälfte der Mantelfläche geschlossen wird, der gesamte Raum als Baumasse berechnet werden muss. Zudem führte auch die Schließung eines Raumes mit Glaswänden, Lamellen, Holzlatten o. ä. (unabhängig von den Abständen) zur Baumasse.
Die komplette Schließung von Räumen durch mobile Elemente wie Glasschiebeelementen wird auch weiterhin als Baumasse berechnet. Brüstungen bis zu einer Höhe von 1,2 Metern werden hingegen nicht als Schließung eines Raumes angesehen.
Ausnahmen
Die bestehende Baumasse kann, selbst wenn diese aufgrund der neuen Berechnungsmethode die Baudichte der betroffenen Zone überschreiten sollte, abgebrochen und im selben Ausmaß wiedererrichtet werden. Die notwendigen Anlagen und technischen Volumina, um bestehende Gebäude an die Rechtsvorschriften über Brandschutz und über den Abbau architektonischer Barrieren anzupassen, werden nicht als Baumasse berechnet.