Nicole Leitner und Antonia Egger beim diesjährigen Landesbäuerinnentag

Bäuerinnen wollen mitreden

Für Mut zum Mitreden und gemeinsamen Gestalten rief man beim diesjährigen Landesbäuerinnentag auf: Und zwar nicht nur am Hof und in der Landwirtschaft, sondern auch in den Genossenschaften und nicht zuletzt in der Politik. Schließlich habe man etwas zu sagen, hieß es.

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Bäuerinnenorganisation

Die beiden Lesungen des Wortgottesdienstes gaben die Richtung vor beim diesjährigen 44. Landesbäuerinnentag im Auditorium Josef Haydn: Zum einen ging es um den brennenden Dornbusch in der Wüste, der Moses den Auftrag gab, die Juden aus Ägypten ins Gelobte Land zu führen. „Dieser Dornbusch steht für Leidenschaft“, erklärte Wortgottesdienstleisterin Nicole Hüttl von der Bäuerinnen-Ortsgruppe Rodeneck. „Wir müssen wieder lernen hinzuschauen und hinzuhören, damit wir merken, was unser Auftrag ist, wo unsere Leidenschaft steckt. Jede von uns darf dabei ihren eigenen Weg finden.“ Zum anderen ging es um den Feigenbaum, der keine Früchte trägt und deshalb gerodet werden soll. Ein Knecht erbittet Aufschub, er will ihn düngen und pflegen, damit er noch mal eine Chance bekommt. „Dieses Gleichnis stellt die Geduld in den Vordergrund“, erklärte Hüttl. Man müsse beharrlich arbeiten, um Früchte zu ernten, „Gott begegnet uns mit Geduld, deshalb sollen auch wir uns in Geduld üben, zwischendurch die Stopptaste drücken, um dann neu zu starten.“ Auch der Landesbäuerinnentag sei so ein Stopp, aus dem man neue Kraft schöpfen könne. Hüttl plädierte zudem für Zusammenhalt, sich gegenseitig zu stärken statt zu be- und verurteilen. „Female Empowerment ist eine Aufforderung, sich nicht unterkriegen zu lassen, uns gegenseitig zu inspirieren und voranzubringen, Potenziale zu entdecken und zu entfalten“, meinte sie, „wir haben in den letzten Jahrzehnten bereits viel erreicht. Wir müssen aber daran arbeiten, sichtbar und hörbar zu sein in der Gesellschaft.“ 

Bäuerin bringt frischen Wind
Sichtlich stolz auf „ihre“ Bäuerinnen und das große Aufgebot an Ehrengästen zeigte sich Landesbäuerin Antonia Egger. In ihrer Eröffnungsrede ging sie auf das Motto des Tages „Frauen bewegen Landwirtschaft“ ein. Sie unterstrich den Stellenwert der Bäue­rinnen auf den Höfen: Oft kommt sie von außen, in eine festgefügte familiäre und Arbeitsstruktur. Dadurch komme einiges in Bewegung. „Um dieses Gefüge neu zu strukturieren, braucht es offene Gespräche, aber der frische Wind, den eine junge Bäuerin mitbringt, tut den Betrieben gut“, unterstrich Egger und rief die Bäuerinnen dazu auf, ihre Fähigkeiten und Leidenschaft in den Betrieb einzubringen und dadurch neue Impulse zu setzen. „Die Zeiten haben sich geändert, die Meinung der Bäuerin wird inzwischen gehört“, erklärte sie und plädierte für das gemeinsame Arbeiten, Gestalten und Weiterentwickeln des Hofes. „Der Betrieb soll ein gemeinsames Lebensprojekt von Bäuerin und Bauer sein“, meinte sie. Aber damit nicht genug. Wie am Hof müssen Frauen auch in der Landwirtschaft, in den Verbänden und Genossenschaften und nicht zuletzt in der Politik mitreden, zum Beispiel auf Gemeindeebene. Die Gemeinderatswahlen am 4. Mai seien eine gute Gelegenheit, mehr Frauen, mehr Bäuerinnen in die Ratsstuben zu bekommen. „Es sollte selbstverständlich sein, dass sowohl Frauen als auch Männer beide wählen, also Männer und Frauen gleichermaßen“, forderte sie und regte die Bäuerinnen dazu an, sich Ämter zuzutrauen und auch die Unterstützung ihrer Partner einzufordern. Zum Schluss plädierte die Landesbäuerin für Begeisterung, trotz aller Herausforderungen. „Politik, Gesellschaft und wir Bäuerinnen müssen konstruktiv zusammenarbeiten – für ein schönes Südtirol und für eine lebenswerte Heimat“, unterstrich Antonia Egger.

Etwas Eigenes am Hof: Seid mutig!
Wie sie sich Bewegungsfreiheit am Hof und darüber hinaus erarbeitet hat, schilderte Nicole Leitner in ihrem Festvortrag: Die ausgebildete Kindergärtnerin hat früh ihren heutigen Mann, einen Bauern, kennen­gelernt. 1999 brannte der Hof ab, das brachte die letztendlich gute Wende: Gemeinsam siedelte man aus und errichtete eine neue Hofstelle, gleichzeitig wurde von Milchvieh auf Mutterkuhhaltung umgestellt. Nicole ging zunächst weiter ihrer Arbeit als Kindergärtnerin nach, erst während der Schwangerschaft ihres dritten Kindes fiel die Entscheidung, am Hof zu bleiben. „Anfangs habe ich nur mitgearbeitet am Hof, habe gemacht, was mein Mann oder meine Schwiegereltern mir gesagt haben“, erzählte sie. Bis ihr Wunsch nach etwas Eigenem aufkam: Zehn Hühner für sich wollte sie haben und ihre Eier direkt vermarkten. Gemeinsam mit ihrem Mann einigte man sich auf 30 Hühner, das Fundament war gelegt. Die Eier lieferte sie selbst aus, bald waren es zu wenig. Also wurde aufgestockt: zunächst auf 60, dann auf 300, später auf 600 Hühner. „Das war ein großer Schritt und hat mich zunächst überfordert“, erzählte sie. Aber auch das habe sie gemeistert. Inzwischen ist sie Großproduzentin für Eier, Direktvermarkterin, Schule-am-Bauernhof-Anbieterin und Seminarbäuerin. Die ­vierfache Mutter hat sich aber auch politisch einen Namen gemacht: So ist sie Landesobmann-Stellvertreterin des Salzburger Bauernbundes, Funktionärin der Landwirtschaftskammer Salzburg und Landtagsabgeordnete. Nicole Leitner gab zu, sie habe sich diese Aufgaben zunächst selbst nicht zugetraut. Doch ihr Mann habe sie bestärkt und sei immer hinter ihr gestanden. „Seid mutig“, rief sie den Bäuerinnen zu. Und mit Mut meint sie, etwas zu tun, ohne groß zu überlegen, was daraus werden soll. Zwar Angst bzw. Respekt vor einer Aufgabe zu haben, aber es trotzdem zu tun.
Als sie ihre Karriere im Bauernbund begonnen habe, sei sie zunächst recht zurückhaltend gewesen. Sie habe sich immer gut vorbereitet, aber wenig eingebracht. Mit der Zeit aber sei sie immer mutiger geworden. „Ich rede mit, weil ich etwas zu sagen habe“, unterstrich sie selbstbewusst, zudem bringe sie als Frau einen anderen Blickwinkel ein, das sei eine Bereicherung. Nicole Leitner plädierte aber auch für Achtsamkeit: „Zwischen Stall, Kindern, Schule, politischem Mandat und Familie gibt es auch uns noch. Deshalb brauchen wir etwas, wo­raus wir Kraft schöpfen“, unterstrich sie. Ihr persönlich geben Yoga und Joggen Energie, auch ausreichend Schlaf sei ihr wichtig. Und das Netzwerk der Bäuerinnen. Denn: „Das Team ist entscheidend“, egal ob daheim oder in der Bäuerinnenorganisation, „jeder macht, was er gut kann, gemeinsam schafft man einfach mehr. Man spendet sich gegenseitig Kraft und motiviert sich, vor allem, wenn es mal schwierig wird.“

Ehrengäste antworten
Statt Grußworten stellte Landesbäuerin Antonia Egger einigen Ehrengästen konkrete Fragen – Landesrätin und Landeshauptmann-Stellvertreterin Rosmarie Pamer zum Beispiel zur Sozialen Landwirtschaft. „Ich bin eine große Verfechterin der Sozialen Landwirtschaft“, antwortete diese, die ersten Schritte seien bereits getan, weitere müssten folgen. Vom Dialog zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft sprach Landesrat Luis Walcher. Er unterstrich: „Bäuerinnen sind die besten Botschafterinnen, bitte macht weiter so!“ Die Kammerabgeordnete Renate Gebhard sprach über den schweren Weg zu einer besseren sozialen Absicherung der Frauen im Alter. Leider sei man mit diesem Thema schon mal weiter gewesen, mit der neuen Regierung in Rom sei man wieder zurückgefallen. „Frauen müssen nicht nur Landwirtschaft, sondern auch Politik bewegen“, meinte Gebhard, nur dann könnte sich bei den Frauenthemen etwas Grundlegendes ändern. EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann stieß in das gleiche Horn: „Südtirol ist von Männern dominiert. Das müsst Ihr aufbrechen, sonst wird sich nichts ändern!“ Auch Bauernbund-Landesobmann Daniel Gasser unterstrich, dass Bäuerinnen vorne mitreden müssen. „Im nächsten Landtag muss wieder eine Bäuerin mit drinsitzen“, erklärte er, daran müsse man gemeinsam arbeiten. Astrid Derungs, Präsidentin der Bündner Bäuerinnen und des Landfrauenverbandes, sprach über grenzübergreifende Kontakte: „Ihr habt die gleichen Sorgen und Nöte wie wir, deshalb tut es gut, sich auszutauschen.“ Und Irene Neumann Hartberger, Bundes­bäuerin von Österreich, ergänzte: „Man kann voneinander lernen.“ 

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