„Wir Bauern können alles ...“

„... es muss uns nur jemand bezahlen!“: Mit dieser provokanten Aussage ließ der Influencer und Landwirt Wilhelm Kremer-Schillings – besser bekannt als „Bauer Willi“ – bei der Bauernbund-Landesversammlung aufhorchen. Dem „Südtiroler Landwirt“ hat er im Podcast „Zuaglost“ genauer erklärt, was er damit meint.

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SBB

Südtiroler Landwirt: Bauer Willi, du hast bei der Landesversammlung über kreative Kommunikation gesprochen und dabei auch zu mehr Mut aufgerufen. Die Bauern als Essensmacher müssten sich mehr Gehör verschaffen. Bräuchte es mehr Bauer Willis?
„Bauer Willi“:
Ihr könnt mich ja klonen, ich weiß nur nicht, was meine Frau davon halten würde (lacht) ... Im Ernst: Wir haben heute ja die diversen digitalen Medien, die uns allen die Möglichkeit geben, unsere Meinung zu einzelnen Themen zu verbreiten. Das mag mühsam erscheinen, aber es ist notwendig, dass wir mitdiskutieren, denn sonst reden eben andere über uns, die von bestimmten Themen wenig bis keine Ahnung haben. Es liegt vielleicht nicht in der Natur eines Landwirts – und ich meine die Landwirtinnen natürlich immer mit –, sich öffentlich zu Wort zu melden. Deshalb rufe ich zu mehr Mut auf, denn sonst überlassen wir die öffentliche Diskussion eben jenen, die nicht wissen, wie Landwirtschaft funktioniert.

Kommen wir zu einigen dieser konkreten Themen: Aktuell ist der Pflanzenschutz wieder einmal im Gespräch, weil im Vinschgau in großer Höhe Rückstände gefunden wurden.  Wie kommuniziert man hier richtig? 
Ganz einfach: Indem man klipp und klar auf die Schwächen einer solchen Meldung hinweist: Es ist völlig klar, dass das, was man unten im Tal ausbringt, irgendwann oben in der Höhe ankommt. In der Studie, von der wir hier sprechen, ist nirgends die Rede davon, ob die gemessenen Werte in irgendeiner Weise relevant oder gar gefährlich sind. Die Wissenschaft ist heute in der Lage, ein Roggenkorn in einem 20.000 Kilometer langen Zug voller Weizenkörner zu finden. Diese Botschaft kommt nur leider in den Medien oft nicht an.

In der öffentlichen Diskussion fällt auf, dass jene, die den Pflanzenschutz verteufeln, oft auch die neuen genomischen Züchtungsmethoden ablehnen, die ja eine Alternative zum Pflanzenschutz sein könnten. Was entgegnest du diesen Menschen? 
Tatsache ist, dass die neuen genomischen Züchtungsmethoden sich ganz wesentlich von der herkömmlichen Gentechnik unterscheiden. Da passiert im Grunde nur das, was heute in der herkömmlichen Züchtung auch geschieht, nur eben geplant und zielgerichtet. Ich merke aber schon, dass wir hier im öffentlichen Diskurs langsam einen Wandel erleben, sodass auch die Gegner der neuen Methoden deren Notwendigkeit erkennen.

Ein weiteres Thema, das wir gemeinsam haben, ist das Großraubwild, im Speziellen der Wolf: Die Tierhalter sehen ihn als großes Problem, andere bestehen auf dem strengen Schutz des Wolfes. Wie kann man hier im Sinne der Landwirtschaft argumentieren? 
Beim Wolf haben wir einen klassischen Zielkonflikt, den wir der Gesellschaft klar aufzeigen wollen: Die Bürger wollen, dass die Tiere auf der Weide gehalten werden. Wir sagen: Das können wir machen, aber nicht in Gegenden, in denen der Wolf präsent ist. Es ist eigentlich europaweit Konsens, dass es keine Form eines funktionierenden Herdenschutzes gibt, und zwar nirgends! Der Wolf ist immer schlauer, wir werden es nie schaffen, ihn von unseren Tieren wegzuhalten. Wo Weidetiere sind, gehört der Wolf weg! Und zwar ganz weg! Diese gesellschaftliche Diskussion müssen wir immer wieder hart führen.

Du hast beim Vortrag auf der Landesversammlung auch die Bäuerinnen und Bauern zu mehr Ehrlichkeit aufgerufen. Heißt das, dass die Landwirtschaft bisher unehrlich war? 
Das will ich nicht sagen ... oder vielleicht doch ... (lacht)? Wir neigen dazu, Dinge schönzureden, die nicht schön sind. Beispiel Massentierhaltung: Die müssen wir nicht schön finden, aber wir müssen unseren Mitbürgern eines klar machen: Billiges Fleisch kostet deshalb so wenig, weil es aus Massentierhaltung stammt. Wenn ihr die nicht wollt, ist das für uns kein Problem: Wir können auch anders produzieren. Wir Bauern können alles, es muss uns nur jemand bezahlen! Und da haben wir wieder das Dilemma der Essensmacher: Die allermeisten sagen, sie wollen keine Massentierhaltung, und dann gehen sie in den Supermarkt und kaufen das billige Fleisch. Diese Doppelmoral schonungslos und ehrlich aufzuzeigen, ist unsere Aufgabe!

Zur Podcast-Folge geht es ganz oben auf dieser Seite oder auch hier.

Bernhard Christanell

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