Wie man einen Businessplan für den eigenen Direktvermarktungsbetrieb erstellt, ist Teil der Ausbildung in der Direktvermarkterakademie.

Ein Rucksack voller Möglichkeiten

Das nötige Rüstzeug für eine erfolgreiche Direktvermarktung liefert die Direktvermarkterakademie der Bauernbund-Weiterbildung. Anfang April wurde die vierte Auflage abgeschlossen. Mit Abschlussgesprächen und vielen interessanten Projekten.

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Produktion Wirtschaft

David Plattner ist dabei, den Thurnerhof in Jenesien von seinen Eltern zu übernehmen. Mit seiner Freundin Lea möchte er künftig direkt ab Hof Fleisch vermarkten. Deshalb haben sie gemeinsam die Direktvermarkterakademie absolviert. Am 9. April stellten sie der Jury ihren Hof und ihre Pläne vor, samt Businessplan. Denn auch das haben sie bei der Direktvermarkterakademie gelernt.

Im November gestartet
Im November 2023 ist die vierte Ausgabe der Direktvermarkterakademie gestartet, 120 Wochenstunden haben die insgesamt 16 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den Monaten bis März absolviert. „Ursprünglich war die Ausbildung auf 180 Wochenstunden ausgelegt“, erklärt Hans J. Kienzl, Leiter der Abteilung Marketing im Südtiroler Bauernbund. „Nach Rücksprache mit den Absolventinnen und Absolventen der ersten Ausgaben haben wir das Programm laufend gestrafft und adaptiert.“ Die Ausbildung wird sehr gut angenommen und bietet eine solide Basis für Direktvermarkterinnen und Direktvermarkter oder Bäuerinnen und Bauern, die es noch werden möchten. Christoph Falkensteiner, Leiter der Bauernbund-Weiterbildung, die den Kurs organisiert, erklärt: „Die Gruppen sind meist recht inhomogen, manche Teilnehmer sind schon in der Direktvermarktung erprobt und wollen ihr Wissen ergänzen und auffrischen, andere sind Neueinsteiger und holen sich vor dem Start das nötige Rüstzeug.“ Dazu gehört beispielsweise der Thurnerhof.

Mehr Wertschöpfung
Der Thurnerhof liegt auf 1100 Meter Meereshöhe mit direkter Anbindung an das Dorf Jenesien. Seit 2010 stellt Familie Plattner keine Milch mehr, sondern führt einen Rindermastbetrieb. Die Tiere werden an den Metzger im Ort verkauft. Auch ein paar Schweine werden gehalten, bisher nur für den Eigengebrauch. Jungbauer David ging bis vor Kurzem auswärts einer Arbeit nach, das möchte er nun ändern und mehr Wertschöpfung aus seinem Hof holen. Dafür haben er und seine Freundin Lea bereits einiges an Arbeit in den Hof gesteckt. So wurden im Keller Räumlichkeiten um- und ausgebaut, um sie als Verarbeitungs- und Reiferaum nutzen zu können. Auch ein eigener Hofladen ist geplant. Dort sollen künftig nicht nur Frischfleisch, Speck und Würste verkauft werden, sondern auch Fruchtaufstriche und Sirupe sowie frisches Obst und Gemüse, wie Lea erklärt.

Zunächst klein starten
Aber zunächst wollen die beiden klein starten, mit dem Fleisch: Rindfleischpakete, Schweinefleischpakete, Speck, Kaminwurzen und Salami soll es künftig am Thurnerhof zu kaufen geben. Derzeit werden 30 Rinder gehalten, an die acht Stück werden jedes Jahr geschlachtet. Zudem sollen acht bis zehn Schweine am eigenen Hof und bei einem Nachbarn gezogen werden. Davids Onkel ist Metzger, er hilft ihm und bringt ihm einiges bei. Zudem hat er Kurse besucht und experimentiert an seinen Rezepturen: „Heuer habe ich mich erstmals an einem Osterschinken versucht, er ist mir gut gelungen“, erzählt David.

Kostenkalkulation ist Basis für Preise
Hans J. Kienzl fragt die Preise ab, die David derzeit für sein Produkt verlangt. Kurz überschlägt er rechnerisch, wie groß seine Gewinnmarge ist. Er rät dem jungen Bauern, sich gemeinsam mit der Bauernbund-Betriebsberatung und der Abteilung Marketing die Kostenstruktur am Hof genau anzuschauen, um darauf aufbauend den Verkaufspreis zu errechnen, mit dem er am Hof gut wirtschaften kann.Und er schwört den jungen Bauern auf Qualität ein: „Für Top-Qualitäten sind die Menschen bereit, hohe Preise zu bezahlen“, meint er. „Wenn sie die Gewissheit haben, dass es den Tieren gut geht und sie optimales Futter kriegen, zahlen sie gerne mehr.“ Über einen Freilaufstall wird gesprochen, über Weidehaltung, Fütterung und Zusatzstoffe in der Fleischverarbeitung. Kienzl rät, auf Pökelsalz zu verzichten, auch das sei ein Kaufargument für qualitätsbewusste Kundinnen und Kunden.

Logo, Webseite und Online-Marketing
Der Thurnerhof hat einige Vorteile, wenn es um die Direktvermarktung geht: Er befindet sich in Dorfnähe, im unmittelbaren Umfeld der Stadt Bozen mit kaufkräftigen Kunden und hat einen großen Parkplatz. Um den Thurnerhof und sein Angebot über das Dorf hinaus bekannt zu machen, hat Lea mit einem eigenen Tool ein Logo entwickelt: Kienzl lobt es als schlicht und einprägsam. Sofort erkennt man, dass es um das Produkt Fleisch geht. Auch eine Website ist geplant. Als genauso wichtig werden die Sozialen Medien, vor allem Instagram, als Kommunikationsmittel erachtet. „Das funktioniert besonders dann gut, wenn ihr bereits einen gewissen Kundenstock und entsprechend Follower habt“, erklärt Kienzl und unterstreicht noch einmal: „Wichtiger ist, in die Produkte und ihre Qualität zu investieren anstatt in kostspieliges Marketing.“

Breit aufgestellte Ausbildung
Christoph Falkensteiner bittet noch um eine Rückmeldung zur Direktvermarkterakademie. Dass der Kurs viel abverlangt und sehr breit aufgestellt ist, ist bereits bekannt. Die beiden stellen der Weiterbildung aber ein sehr gutes Zeugnis aus, vor allem die Betriebsbesichtigungen (unter anderem beim Speckproduzenten Obertimpfler in Vöran) empfanden sie als sehr interessant und lehrreich. Mit vielen weiteren wertvollen Tipps und Kontakten zu verschiedenen Experten schließt das Gespräch ab. Mit einer kleinen zeitlichen Verzögerung, weshalb Thomas Resch vom Mortnerhof in Steinegg etwas warten muss.

Mortnerhof: vier Standbeine
Auch Resch stellt der Jury des Abschlussgesprächs zunächst seinen Hof und sich selbst vor: Er hat die Fachschule Salern besucht und danach – neben der Landwirtschaft - zehn Jahre lang bei einer Wandersäge gearbeitet. Der Mortnerhof liegt auf 650 Meter Meereshöhe und ist ein Milchviehbetrieb. Zehn Rinder stehen im Stall, die Milch wird der Genossenschaft geliefert. Seit 2017 werden auch Legehennen gehalten. Die Eier verkauft Thomas Resch an einige Private, an Gastronomiebetriebe und über den Eggerhof.

Gemüseanbau für Projekt „Eggental Taste Local“
2021 hat Resch den Hof übernommen, als Gemeindereferent war er bei der Gründung des Projekts „Eggental Taste Local“ dabei. Dabei geht es um eine enge Zusammenarbeit zwischen landwirtschaftlichen und gastronomischen Betrieben im Eggental. Seitdem baut Thomas Resch auf 1000 Quadratmeter Fläche Gemüse und Kartoffeln für das Gemeinschaftsprojekt an und vermarktet es direkt an die Gastronomen im Tal. Damit betrat er als Bauer noch einmal Neuland, nach einer anfänglichen Lernphase läuft der Anbau heute gut. Durch das Kooperationsprojekt ist ihm der Absatz gesichert, schließlich erarbeiten Bauern und Gastronomen gemeinsam, was gebraucht und was entsprechend in welcher Menge angebaut wird. Der Verkauf der Produkte wird ganz einfach über eine WhatsApp-Gruppe abgewickelt. Der Mortnerhof verkauft zudem Holz als Sägerundholz und Brennholz an Privatkunden. Da der Hof so breit aufgestellt ist, braucht Thomas Unterstützung. Die bekommt er von seinen Eltern und vom Bruder. Und von einigen Freunden, die ihm unter die Arme greifen, sobald Not am Mann ist. Umgekehrt hilft er ihnen bei Bedarf.

Die Akademie: Teil der ­Direktvermarktungsoffensive
Die Direktvermarkterakademie war für Thomas Resch eine Möglichkeit, sich weiterzubilden und neue Inputs für sich und seinen Hof zu bekommen, wie er erklärt. Eigentlich ist er in der Direktvermarktung schon etabliert und hat sie gut in Griff. Trotzdem hat er einiges dazugelernt. „Mit der Direktvermarkterakademie wollen wir nicht nur den Einstieg in die Direktvermarktung erleichtern, sondern insgesamt die Landwirtschaft stärken und vielfältiger machen“, sagt Hans J. Kienzl. Die Ausbildung ist Teil der Direktvermarktungs­offensive des Südtiroler Bauernbundes, die darauf abzielt, direktvermarktende Betriebe aufzubauen, neue dazuzugewinnen und die Produktpalette zu erweitern. Die nächste und damit fünfte Ausgabe der Direktvermarkterakademie startet im Spätherbst dieses Jahres. Interessierte können sich bereits dafür anmelden: unter margareth.lun@sbb.it oder Tel. 0471 999368.

Renate Anna Rubner

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